Eisbrecher - Schicksalsmelodien

Review

Galerie mit 26 Bildern: Eisbrecher - Rock am Härtsfeldsee 2023

EISBRECHER veröffentlichen ein Coveralbum. Das ist nun bei weitem keine neue Idee und auf dem Qualitätsspektrum war dahingehend schon alles bei. Sei es nun eine Hommage an Vorbilder aus dem eigenen Genre, wie es HEAVEN SHALL BURN mit ihrem Coverhit „Black Tears“ (EDGE OF SANITY) vorgemacht haben, oder das Wildern über die Genregrenzen hinaus, wie CALLEJON und HÄMATOM es eindrucksvoll taten. Von eher unrühmlichen Episoden, wie der nicht enden wollenden „Graveyard Classics“-Reihe von SIX FEET UNDER, reden wir hier lieber nicht.

„Schicksalsmelodien“ – eine Werkschau deutschsprachiger Musiker

Was haben HANS ALBERS, DIE TOTEN HOSEN, FALCO und viele weitere gemeinsam? Sie sind alle mit einem Song auf dem aktuellen EISBRECHER-Album vertreten, welchem übrigens im Frühling kommenden Jahres noch ein Geschwisterchen mit Eigenkompositionen folgen soll.

Beim Hören des Albums fällt auf, dass insbesondere die Transition von Neuer Deutscher Welle zur Neuen Deutschen Härte vorzüglich klappt. Lieder wie „Skandal Im Sperrbezirk“ (SPIDER MURPHY GANG) oder „Goldener Reiter“ (JOACHIM WITT) kann man anhand seiner Melodien sofort erkennen, allerdings ist auch der typische EISBRECHER-Sound sofort vorhanden. Dies mag nur bedingt an der Namensverwandtschaft der beiden Genres liegen, mehr jedoch an der Tatsache, dass beide Genres stark Synthie-orientiert arbeiten. Auch ein FALCO-Song wie „Out Of The Dark“ steht Alex Wesselsky und seiner prägnanten Stimme gut zu Gesicht. Stimmlich kommt an das Original aber niemand heran.

EISBRECHER zollen auch aktuellen Acts Tribut

Wirklich interessant wird „Schicksalsmelodien“, wenn EISBRECHER das Feld der bereits öfter gecoverten Songs verlassen und sich Kollegen wie POWERWOLF zuwenden. Nachdem diese vor zwei Jahren bereits einen Haufen ihrer Songs ihren Kollegen zum Covern gegeben und dann als Beilage ihres aktuellen Albums, „The Sacrament Of Sin“, veröffentlicht haben, versuchen sich nun auch EISBRECHER an einer Nummer. „Stossgebet“ bewegt sich dabei recht nah am Original. Ohne die Orgel und Attila Dorns Stimme muss der Song allerdings einiges an Epik einbüßen.

Im weiteren Verlauf wird dann noch die MEGAHERZ-Nummer „Freiflug“ gecovert, wobei neu aufgenommen es hier besser trifft, da Herr Wesselsky und sein Kollege Noel Pix damals selbst am Original beteiligt waren. Genau wie beim „Miststück“-Rework von 2012 aktualisieren sie hauptsächlich den Sound. Die dritte Verwurstung vom ÄRZTE-Klassiker „Bitte, Bitte“ klingt nach den Versionen von TANZWUT und dem großartigen Cover von SOLITARY EXPERIMENTS vor ein paar Jahren eher nach „schon einmal dagewesen“, da sie musikalisch in eine ähnliche Kerbe schlägt.

„Schicksalsmelodien“ fehlt der Mut

Jetzt muss doch noch mal der SIX FEET UNDER-Vergleich her. „Graveyard Classics“ wird häufig angekreidet, dass Chris Barnes eigentlich nur über die Originalsongs drübergrunzt und die Lieder ansonsten recht identisch zum Original sind. Ganz so drastisch ist es bei EISBRECHER nicht, jedoch haben sie viele Lieder ausgewählt, die relativ einfach ins Bandportfolio eingegliedert werden können. Das macht „Schicksalsmelodien“ nicht schlecht, es bleibt allerdings in Sachen Originalität und Überraschungseffekt hinter einem Coveralbum der Marke „Hartgeld im Club“ von CALLEJON zurück.

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23.10.2020

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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