Evergrey - Escape Of The Phoenix

Review

Soundcheck Februar 2021# 6 Galerie mit 17 Bildern: Evergrey - European Tour 2022

Da ist es wieder, das alte Dilemma des Rezensenten. Man hat eine Platte fünf Mal oder häufiger gehört, versucht einen möglichst objektiven Eindruck zu gewinnen und ein dazu passendes abschließendes Urteil zu fällen. Nach ein bis zwei Monaten zeigt sich dann aber, dass die Acht-Punkte-Platte seitdem nie wieder angehört wurde oder aber nach wie vor in intensivster Dauer-Rotation läuft. Im Falle von „The Atlantic“, der letzten Veröffentlichung von EVERGREY, passierte letzteres. Die Reaktion von Mastermind Tom Englund, nach einem äußerst gelungenen Konzert im Hamburger Logo darauf angesprochen, dass die Acht möglicherweise doch ein Punkt zu wenig war: Ein Grinsen und die Worte „Yeah, it’s a grower, right?“. Recht hat der Mann! So stellt sich nun die Frage: Besitzt der Nachfolger „Escape Of The Phoenix“ wieder die gleichen Langzeitqualitäten?

EVERGREY – Zeug zum Klassiker?

Spoiler-Alarm: Auch in dieser Rezension wird sich das nicht abschließend klären lassen, trotz häufigen Hörens der gesamten Scheibe. Eines stimmt aber schon einmal mit dem Vorgänger überein: Auch Studioalbum Nummer zwölf der Göteborger zündet nicht sofort. Genau diesen Platten sagt man ja nach, dass sie retrospektiv betrachtet am ehesten das Zeug zum Klassiker haben.

Die erste Vorab-Single „Forever Outsider“ taugt sicherlich als Opener, als Vorbote jedoch nur bedingt, da es sich zwar um einen soliden Song handelt, aber auch nichts, was wirklich aufhorchen lässt. „Where August Mourns“ sorgt dafür bereits ab Einsatz des Gesangs von Meister Englund für erste Gänsehaut-Attacken und bleibt sehr viel eher im Gehörgang hängen. Gleiches gilt übrigens auch für die dritte Videoauskopplung „Eternal Nocturnal“, hier wurde demnach mit einem deutlich glücklicheren Händchen agiert.

Ein etwas zweischneidiges Schwert ist das Feature mit DREAM THEATER-Sänger James LaBrie. Natürlich, ein Gastbeitrag von ihm lag auf der Hand, werden beide Bands doch gerne miteinander verglichen. Das Ergebnis „The Beholder“ ist sicher auch nicht misslungen, allerdings harmonieren die beiden Stimmen nicht so gut miteinander wie erwartet, zumal die Parts von Herrn LaBrie ohnehin nicht gerade üppig ausfällen. Vielleicht sind die Erwartungen an ein so lange herbeigesehntes Duett aber auch einfach nicht erfüllbar.

Definitiv hervorzuheben: Das gefühlvolle, balladeske „You From You“, das nicht nur gesanglich unter die Haut geht. Gitarrenzauberer Henrik Danhage übertrifft sich hier erneut selbst und legt ein derartig packendes, ausladendes Solo hin, das spätestens bei dem Gedanken an die Einlagen des Mannes auf der letzten Tour erneut für Gänsehaut-Alarm sorgt. Ein absolutes Album-Highlight, das dann auch über den ziemlich belanglosen Rausschmeißer „Run“ hinweg sehen lässt.

Große Melodien mit minimalen Abnutzungseffekten – „Escape Of The Phoenix“

„Escape Of The Phoenix“ fällt gegenüber seinem Vorgänger qualitativ sicherlich nicht wirklich ab. Alle Trademarks sind vorhanden: Große Melodien, schreddernde Riffs, bewegender Gesang und fantastische Gitarrensoli, deren Einordnung in der Gesamtdiskographie sich noch nicht wirklich abschätzen lassen. Dennoch, so ehrlich muss man sein – ein paar minimale Abnutzungseffekte schleichen sich mittlerweile doch ein, da sich der Stil, abgesehen vom gelegentlichen Schrauben am Härtegrad, in den letzten paar Jahren kaum bewegt hat.

Natürlich, Fans bekommen das, was sie erwarten, allerdings könnte ein wenig frischer Wind, ein wenig mehr Experimentierfreude EVERGREY durchaus mal wieder gut zu Gesicht stehen, damit auch auf kommenden Alben keine Langeweile aufkommt. Ansonsten gilt natürlich trotzdem eine unbedingte Kaufempfehlung, vor allem für alle, die auch bisher mit dem Sound der Göteborger etwas anfangen konnten!

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18.02.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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5 Kommentare zu Evergrey - Escape Of The Phoenix

  1. Watutinki sagt:

    Weiß nicht, geht kaum an mich ran. Klingt irgendwie alles ziemlich glatt und schon hundertausend Mal gehört, auch deutlich besser. Man macht zwar vieles richtig, aber im Endeffekt klingt das Ganze leider ziemlich 08/15 abgenutzt. Und das Schlagzeug extrem eintönig.

    6/10
  2. ml068 sagt:

    Also mir gefällt der direkte Vorgänger „The Atlantic“ auch besser. Aber das hier ist definitiv kein schlechtes Album. Ich bin nach dem ersten Durchgang auch noch nicht mit allem so ganz warm geworden, aber das geht mir mit vielen Alben so und das hier wird evtl. auch wieder ein „Grower“, das mir nach dem 4. bis 5. mal durchhören besser gefällt, wenn ich die Songs (vor allem die „Schwerfälligeren“ wie Stories oder In the Absence of Sun) mal einigermaßen durchdrungen habe.

    Mich würde allerdings interessieren, wo du das schon tausend mal deutlich besser gehört hast, weil ich freue mich auch darüber, Bands zu entdecken, die ähnlich wie Evergrey klingen, aber besser sind. Da habe bisher aber nicht viel gefunden was mir so gut gefällt. Kannst du mir bitte ein paar Beispiele geben? Thx 😉

    Dass das Schlagzeug „extrem eintönig“ ist kann ich so ebenfalls nicht untschreiben. Gut, der Drummer Jonas setzt bei vielen Songs auf recht konsequent durchgängige und nicht besonders „extreme“ (im Sinne von schnelle) Doublebase entweder im Vierviertel- oder Triple-bereich (Opener, A Dandelion Cipher, Eternal Nocturnal). Blast oder Thrash Beats und krasse Doublebase-Attacken braucht man bei Evergrey erfahrungsgemäß aber auch nicht erst anfangen zu suchen. Ich spiele selbst Schlagzeug und finde einige seiner Fills sowie die relativ oft eingesetzten Ghoststroke-Figuren (Where August Mourn) und eher spärlich eingesetzten Ride-Figuren (Forever Outsider, A Dandelion Cipher) überhaupt nicht trivial. Natürlich gibts nen Haufen Bands, die am Schlagzeug komplexere Sachen in einer plakativeren Manier abliefern, aber diesen Anspruch hat Evergrey wohl nicht. „Eintönig“ ist das für meine Ohren hier nicht, aber ich glaube zu wissen was du meinst, die Dynamik hält sich in Grenzen.

    7/10 Punkten, weil ich noch nicht allen Tracks uneingeschränkt etwas abgewinnen kann und weil „The Atlantic“ noch wie ein übermächtiger Schatten über seinem kleinen Bruder lauert. Die Songs dort waren einfach „größer“, progressiver, eindrucksvoller (Wenn ich nur an den Opener, Weightless, A Secret Atlantis oder den Rausschmeißer „This Ocean“ denke… alles meiner Meiner Meinung nach eine Stufe über den Songs auf dem neuen Album).

    8/10
  3. ml068 sagt:

    He, ich wollte 7/10!!!

  4. Watutinki sagt:

    „Mich würde allerdings interessieren, wo du das schon tausend mal deutlich besser gehört hast, weil ich freue mich auch darüber, Bands zu entdecken, die ähnlich wie Evergrey klingen, aber besser sind.“

    Nun, um nur mal ein paar zu nennen. Natürlich stillistisch nicht immer zu 100% deckungsgleich, vor allem i.d.R. nicht so poppig wie Evergrey:

    Then Comes Silence – Machine (https://www.metal.de/reviews/then-comes-silence-machine-403794/)
    Port Noir – The New Routine (https://www.metal.de/reviews/port-noir-the-new-routine-375819/)
    Cyhra – No halos in hell
    Blackstar Halo – Siren
    The Foreshadowing – Second World
    Und wenn es doch vergleichbar poppig sein soll, dann Love And Death – Perfectly Preserved. Ist gerade erst rausgekommen.

    Das mit dem Schlagzeug hast Du glaube ich ganz gut wiedergegeben. In jedem Fall scheinst Du dich damit auch besser auszukennen, als ich. ;-))

  5. ml068 sagt:

    Cool, danke für die Tips! Hör ich mal rein!