Metallica
“S&M 2” – Die Detailanalyse

Special

Was konnte “S&M” im Jahre 1999?

Die erste “S&M”-Doppelscheibe war ein ambitioniertes, doch nicht vollends geglücktes Projekt. Man muss METALLICA und ihrem damaligen Chefdirigenten Michael Kamen (inzwischen leider verstorben) zugute halten, dass sie sich für eine Setlist entschieden, die nicht ausschließlich auf Ausschlachtung der kommerziell erfolgreichen und eher ruhigen Songs beruhte, sondern auch Songs der Marke “Battery” und “Master Of Puppets” beinhaltete. Mit dem eigens für die Aufführung komponierten “No Leaf Clover” enthielt das Album gar einen ihrer besten Songs aus den Neunzigern. Warum also hat “S&M” so viele kritische Reaktionen einfahren müssen?

Metallica James Hetfield S&M2 Promo

James Hetfield

Eine erste Möglichkeit, diese Frage zu beantworten, könnte in dem Umstand begründet liegen, dass die Kombination METALLICA und Sinfonieorchester für außenstehende Ohren erstmal schlechter klingt als für die Band selbst. Klar, METALLICA hatten in den Achtzigern überlange Songs mit verschiedenen Parts und Dynamiken, ohnehin stand Ur-Bassist Cliff Burton enorm auf Johann Sebastian Bach. Allerdings ist das klangliche Gesamtbild, mit dem sie zuforderst identifiziert werden doch eher durch Rock ’n‘ Roll und einem gewissen Straßenkötergeist geprägt, als durch Pomp und Bombast. Hetfield & Co. schienen das anders zu sehen, wiederholten sie doch jedem, der es hören wollte, dass METALLICA und klassische Musik quasi zwei direkt aneinander anknüpfende Wegpfeiler der westlichen Musikgeschichte seien. Dirigent Michael Kamen stieß prinzipiell in das gleiche Horn – kann man alles so sehen, muss man bei Licht betrachtet aber nicht.

“S&M” – unterhaltsam? Ja. Aber METALLICA?

Nichtsdestotrotz sei die steile These aufgestellt, dass die Kombination dennoch besser hätte funktionieren können, denn das Orchester als solches war nicht das Problem von “S&M”. Vielmehr sorgte Kamen für zwar handwerklich sehr geschickte, aber ohne Wenn und Aber überambitionierte Orchesterarrangements, die den ursprünglichen Songs viel zu viel Zusatz überstülpten und sie stellenweise in beliebig klingendes Notenflirren entschweben ließen, was innovative Ansätze oft ad absurdum führte. Ja, möglicherweise war Kamen etwas zu sehr daran gelegen, den Songs “seine” Identität mitzugeben; vielleicht lag es aber auch an der ohnehin experimentellen Natur der Sache.

Metallica Lars Ulrich S&M 2 Promo

Lars Ulrich

Die sinfonische Chose funktionierte jedenfalls bei einigen Songs (so zum Beispiel “The Call Of Ktulu”, “The Memory Remains”, “Hero Of The Day”) und riss andere völlig neben die Spur, indem sie künstlich und geradewegs am originalen Charme vorbei aufgeblasen wurden (“Master Of Puppets”, “Until It Sleeps” oder “One” beispielsweise). An manchen Stellen wirkten Band und Orchester nicht hundertprozentig aufeinander eingespielt. Zudem waren Audio-Mix und Bühnendesign – zumindest aus heutiger Sicht – kritikwürdig. Auf dem kurz vorher erschienenen audiovisuellen Live-Mitschnitt “Cunning Stunts” gelang es der Band jedenfalls deutlich besser, sich in Szene zu setzen. Wenngleich sicherlich anzumerken ist, dass sich 2020 andere technische Möglichkeiten bieten als 1999. Unterhaltsam ist “S&M” aber auch nach zwanzig Jahren noch, zumindest für die Aufgeschlossenen.

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Quelle: Blackened Recordings / Oktober Promotion / Fotos: Anton Corbijn
13.09.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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1 Kommentar zu Metallica - “S&M 2” – Die Detailanalyse

  1. thrash-head sagt:

    Grausam, warum schon wieder?
    Sie waren Götter ( Ride…, Master…,Justice…), sie sind tief gefallen ( Load, Reload ) und dann noch tiefer (SM, Lulu,…)
    und haben aus diesem tiefem Loch zumindest wieder rausgeguckt ( Hardwired).

    Und jetzt der Scheiß!!!

    Grüße