25 Jahre - 25 Alben - 25 Songs
Heute: Tobias Kreutzer

Special

25 Jahre metal.de. Das sind 25 Jahre, die jeder Redakteur unterschiedlich wahrgenommen hat und in denen unterschiedliche Alben wichtig waren. In dieser Serie geht es darum, sich für jedes Jahr auf ein Album festzulegen, welches für den Redakteur persönlich am wichtigsten war. Mit der Nennung eines Songs, der stellvertretend für das Album steht, ergibt sich dann eine Playlist. Am Ende des Jahres folgt die ultimative „25 Jahre metal.de Playlist“.

Tobias Kreutzer, Redakteur

Tobias Playlist:

Die Gesamtplaylist aller Redakteure, die im Laufe des Jahres noch anwachsen wird:

1996 OPETH – “Morningrise”

Auf dem zweiten OPETH-Album sind die melodischen Death- und Black-Metal-Einflüsse der Schweden noch stark. Die Avantgarde kam erst später mit STEVEN WILSON und „Blackwater Park“ an Bord, aber auf ergreifende Melancholie und Dynamik verstanden sich Åkerfeldt und Co. schon damals wie kaum eine andere Band.

Song: „To Bid You Farewell“

1997 H.I.M. – “The Greatest Lovesongs Volume 666”

Schon auf ihrem Debütalbum legten HIM alles an, wofür sie Zeit ihrer Karriere gehassliebt werden würden: Gefühle, Androgynie, das klare Bekenntnis zum Pathos und einen allzu frivolen Umgang mit den heiligen Insignien des Metals. Natürlich hat das Ding auch eine Laufzeit von 66 Minuten und 6 Sekunden. Tut nicht so, ihr liebt es doch heimlich alle.

Song: „Wicked Game“

1998 MONSTER MAGNET – “Power Trip”

MONSTER MAGNETs “Black Album”? Mainstream statt weiterhin Drogentrips auf Band? „Power Trip“ ist ein wahnsinnig gutes Rock-Album, nicht mehr und nicht weniger. Und es funktioniert auch 2021 noch absolut hervorragend.

Song: „Space Lord“

1999 HYPOCRISY – “Hypocrisy”

Der Opener ist eine Metal-Hymne und sorgt auch zwei Dekaden später noch für wohlige Gänsehaut. Peter Tägtgren hat seitdem nichts wirklich Schlechtes und sehr viel Stilprägendes gemacht. Das selbstbetitelte sechste HYPOCRISY-Album bleibt mit seiner trashigen Videospiel-Alien-Ästhetik und der puren metallischen Leidenschaft aber eine Klasse für sich.

Song: „Fractured Millenium“

2000 IN FLAMES – “Clayman”

The Jester Race“ und „Colony“ in allen Ehren, aber „Clayman“ will mehr sein als ein weiteres Genre-Manifest. Das fünfte IN FLAMES-Album ist ein Klassiker moderner Gitarrenmusik und war für die Band leider auch der Anfang vom Ende.

Song: „Only For The Weak“

2001 SYSTEM OF A DOWN – “Toxicity”

“Toxicity” ruft bittersüße MTV-Erinnerungen auf den Plan. Direkt danach lief in den Jahren darauf meistens das Knast-Video zu „St. Anger“. „Disorder“ im eigenen musikalischen Koordinatensystem, das bis dato nur von DIE ÄRZTE bis DIE TOTEN HOSEN reichte.

Song: „Chop Suey!“

2002 PAIN – “Nothing Remains The Same”

Der Industrial-Klassiker für Leute wie mich, die eigentlich überhaupt keinen Industrial hören. Ewige Messlatte für partytauglichen Metal jenseits von Pagan-Humppa-Geblödel.

Song: „Shut Your Mouth“

2003 TYPE O NEGATIVE – “Life Is Killing Me”

Geradliniger, melodischer, aufgeräumter: “Life Is Killing Me” ist sicherlich nicht die erste Wahl vieler TYPE-O-Ultras. Für mich war es nach „Black No. 1“ und „Christian Woman“ in Dauerschleife die persönliche Steele-Taufe auf Albumlänge und hat sich damit unwiederbringlich eingebrannt.

Song: „I Don’t Wanna Be Me“

2004 LAMB OF GOD – „Ashes Of The Wake“

“Ashes Of The Wake” ist Urgewalt und Präzision in perfekter Vereinigung und für viele der Inbegriff der New Wave of American Heavy Metal. Mit ihrem vierten Album perfektionierten LAMB OF GOD ihre Formel und erreichten den Zenit ihres Schaffens. Bis heute stagnieren Randy Blythe und Kameraden angesichts eines solchen Frühwerks auf höchstem Niveau.

Song: „Laid To Rest“

2005 ARCH ENEMY – „Doomsday Machine“

Einer meiner persönlichen Lieblinge unter den Gateway-Alben in Richtung Metal. Egal wie verstörend dem Jungmetaller erscheinen mochte, was diese blonde Frau ihrer Kehle entlockte – die Amott-Brüder brachten mit ihren wohlig warmen, aber auch pfeilschnellen und gefährlichen Gitarren genau das richtige Level Kontrast in den Sound ein, um hier einfach gebannt lauschen zu müssen.

Song: „Nemesis“

2006 THE HAUNTED – „The Dead Eye“


Damals war mehr Dolving. Und ohne den charismatischen Fronter waren THE HAUNTED für mich nicht mehr von Interesse. „The Dead Eye“ hat Hits, Lyrics, die qualitativ weit über dem Genredurchschnitt liegen, und noch viel, viel Göteborg im Sound.

Song: „The Drowning“

2007 MACHINE HEAD – „The Blackening“

Noch so ein Album, das wie kaum ein anderes für den Titel “moderner Klassiker” steht. Nach den Nu Metal-Ausflügen der 90er schaffen MACHINE HEAD mit „The Blackening“ ein epochales Meisterwerk, ein „Master of Puppets“ für die neue Generation. Der Kölner Tourstop zusammen mit HATEBREED war jedenfalls ein absolut prägender Moment in der eigenen musikalischen Sozialisierung.

Song: „Clenching The Fists Of Dissent“

2008 HEAVEN SHALL BURN – „Iconoclast (Pt. 1: The Final Resistance)“

„Black Tears“ war natürlich der Türöffner, aber einmal drin, lässt einen die Soundwalze der Thüringer so schnell nicht mehr los. In meinem Fall hat sie es bis heute nicht. Das Label „Metalcore“ klebte übrigens schon immer zu Unrecht an HEAVEN SHALL BURN, die stets näher an BOLT THROWER als an KILLSWITCH ENGAGE waren. Neben der geilen Musik sind HSB außerdem einfach ein paar stabile Jungs, die auf Fantasiekonzepte wie „Politik und Musik trennen“ pfeifen und seit über 20 Jahren für ihre Sache einstehen. Nichts als Respekt.

Song: „Endzeit“

2009 MASTODON – „Crack The Skye“

Auch nicht gerade ein Geheimtipp, aber ein Jahr, indem ein solches Album erscheint, gehört nun einmal einem solchen Album. MASTODONs „Crack The Skye“ fand weit über das Genre hinaus Anklang, weil es einfach ein zeitloses Stück Musik ist. Das konnte man 2009 beim Auflegen der Platte schon genau so fühlen, wie ich es heute fühlen kann.

Song: „Oblivion“

2010 KVELERTAK – „Kvelertak“

Bei KVELERTAK waren sich damals schnell alle einig: Das wird das nächste große Ding. So ist es gekommen. Die norwegischen Black-Punker sind auch 2021 und trotz eines Sängerwechsels noch voll am Start, überzeugen mit neuen Releases ebenso wie (hoffentlich bald wieder) mit ihren intensiven Live-Shows. Seit dem Debüt oft kopiert und nie erreicht.

Song: „Fossegrim“

2011 AUGUST BURNS RED – „Leveler“

Auch absolut nicht das Konsens-Album dieser Band, doch meine persönliche Initiation. Mit „Empire“ und „Internal Cannon“ starten AUGUST BURNS RED so fulminant in ihr viertes Album, dass man sehr gewillt ist, den leichten Abbau zum Ende hin zu übersehen.

Song: „Empire“

2012 PARKWAY DRIVE – „Atlas“

Es sind Alben wie “Atlas”, wegen derer ich dem Metalcore niemals vollends entwachsen werde. Wer einmal inmitten einer Crowd stand, die die einleitende Gitarre von „Wild Eyes“ kollektiv mitgröhlt, bevor der Sturm losbricht, der weiß, wovon ich spreche.

Song: „Blue And The Grey“

2013 BRING ME THE HORIZON – “Sempiternal”

Zum erste Mal sah ich BRING ME THE HORIZON im Vorprogramm von MACHINE HEAD live. Oberhausen, Turbinenhalle, einige Tausend alkoholisierte Langhaarige, die die Sheffielder gnadenlos auspfiffen und mit Bechern bewarfen. Als junger Metalhead auf Identitätssuche stieg ich da natürlich voll mit ein. Erst retrospektiv erschloss ich mir das Werk von Sykes und Co. über „Sempiternal“, das Album, das endgültig mit den Deathcore-Wurzeln der Band brach und der Startimpuls war für ihre Transformation zu einem der spannendsten Rock-Acts dieser Tage. Was man von MACHINE HEAD beim besten Willen nicht mehr sagen kann.

Song: „Shadow Moses“

2014 ARCHITECTS – „Lost Forever // Lost Together“

Mit ihrem aktuellen Album “For Those That Wish To Exist” scheinen ARCHITECTS einen ähnlichen Stilwechsel in Richtung eines „erwachseneren“ Sounds einzuschlagen wie einst BRING ME THE HORIZON – mit durchaus zwiespältig aufgenommenem Resultat. Aber der Wandel tat Not, denn im Prinzip war das perfekte Album im traditionellen ARCHITECTS-Sound schon 2014 erschienen und seitdem nicht übertroffen worden: „Lost Forever // Lost Together“, absolut stilprägend für die 2010er Jahre.

Song: „Naysayer“

2015 GHOST – „Meliora“

Ähnliches Vorband-Erlebnis wie bei MACHINE HEAD und BRING ME THE HORIZON. GHOST wollte bei PARADISE LOST wirklich niemand sehen. Zugegeben, Kostüme, Bühnen-Choreo und Technik waren auch noch auf einem deutlich anderen Level als wenige Jahre später. Mit „Meliora“ kam das Kollektiv ganz oben an und seitdem wächst die Gefolgschaft des Papstes mit den vielen Identitäten unaufhörlich. Das Erfolgsrezept basiert neben klugem Marketing vor allem auf einem sehr alten Trick: bessere Songs schreiben als alle anderen. Hört „Meliora“ und versucht dann zu widersprechen.

Song: „Spirit“

2016 KATATONIA – „The Fall Of Hearts“

Ein unfassbar starkes Spätwerk. Keiner transportiert ein so bittersüßes Gefühl von Melancholie wie Jonas Renkse. KATATONIA klangen selten besser und intensiver als auf „The Fall Of Hearts“, das mich immer noch jeden Herbst begleitet.

Song: „Serein“

2017 LEPROUS – „Malina“


Zu schön und zu anschlussfähig, um dauerhaft ein Dasein als Prog-Tipp zu fristen: Was sich spätestens mit „Coal“ (2013) angekündigt hatte, brach sich mit „Malina“ vollends Bahn. Zum Glück bleibt wundervolle Musik auch auf der großen Bühne wundervoll. LEPROUS haben es sich verdient.

Song: „Stuck“

2018 MANTAR – „The Modern Art Of Setting Ablaze“

Klar, MANTAR schlugen schon ein paar Jahre vorher ordentlich ein. Aber bis heute steht bei mir nur die gülden glitzernde Vinyl von „The Modern Art Of Setting Ablaze“ rum beziehungsweise wummert ihren Toninhalt durch die Wohnung. Mit oder ohne „Era Borealis“: Die Beavis und Butthead des deutschen Sludge machen fette Musik und sind wahnsinnig sympathisch.

Song: „Seek + Forget“

2019 WHILE SHE SLEEPS – „So What?“

Noch so eine britische Band mit eher generischen Metalcore-Wurzeln, die es an einem Punkt geschafft hat, sich freizustrampeln. „So What?“ ist wahnsinnig stark darin, überragendes Songwriting mit technischer Finesse und einigen sehr eigenen Trademarks vor allem an den Gitarren zu kombinieren. Und das beste: Mittlerweile haben WHILE SHE SLEEPS mit „Sleeps Society“ schon wieder nachgelegt.

Song: “The Guilty Party”

2020 BODY COUNT – “Carnivore”

„Carnivore“ mag minimal schwächer sein als sein Vorgänger „Manslaughter“ – dafür hat es das geilere Cover, und Riley Gale (Rest in Power!). Ice-T und seine Gang sind für einige der besten Crossover-Alben aller Zeiten verantwortlich und auch Nummer sieben sprüht nur so vor Energie, Attitüde und einer angenehmen Street-Smartness, mit der Ice viele, viele Wahrheiten zu transportieren weiß.

Song: „Bum-Rush

Bisher erschienen:

Björn Gieseler

Michael Klaas

Dominik Rothe

Jeanette Grönecke-Preuss

Jan Ole Möller

Oliver Di Iorio

Christian Plath

Alexander Santel

Tobias Kreutzer

Johannes Werner

Arne Glaser

Sven Lattemann

20.06.2021
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