Ayreon - The Human Equation

Review

Leute, mir stehen die Tränen in den Augen… Man kann ja immer so irgendwie mit der Genialität des hyperaktiven 2-Meter Niederländers Arjen Anthony Lucassen rechnen, aber das hier toppt nun wirklich meine kühnsten Erwartungen. Man kann ‚The Human Equation‘ aus allen möglichen Blickwinkeln betrachten – und was am Ende übrig bleibt ist wohl eines der besten Prog Rock Alben aller Zeiten. Da haben wir zum ersten die Story: Unser namenloser Protagonist, ein vom Vater zum Geschäftmann erzogener egozentrischer und innerlich zerfurchter Charakter, der eigentlich viel lieber ein Künstler geworden wäre, fährt eines Tages mit seinem Auto über eine einsame und friedlich vor sich hinfließende Landstraße. An diesem Tag ist sein Kopf noch verwirrter als sonst, denn was er vor wenigen Stunden sehen musste hatte in ihm einen ewig andauernden Konflikt hervorgerufen, der damit endete dass dank eines raschen Lenkmanövers der Wagen gegen den nächsten Baum schmetterte und unser Hauptcharakter von nun an im örtlichen Krankenhaus in der Intensivstation liegt. Allerdings nicht allein, denn rasch gesellen sich seine Frau und sein bester Freund an seine Seite, reden fortwährend auf ihn ein und flehen zu allen Seiten dass er doch erwachen möge. Doch obwohl der Protagonist scheinbar völlig unverletzt ist wacht er aus seinem Komazustand nicht auf. Stattdessen läuft in seinem Kopf ein unerbittlicher Krieg ab, in den er selbst, sowie die Gefühle Furcht, Agonie, Wut, Stolz, Liebe, Vernunft und Leidenschaft, die alle als eigenständige Charaktäre agieren, integriert sind. Mit der Zeit werden einige Geheimnisse aufgedeckt, und am Ende weiß der Hörer absolut nicht mehr was nun richtig oder falsch ist. Ähnlich opulent ist die Besetzung dieses abendfüllenden Spielfilms: James LaBrie (Dream Theater) als Hauptcharakter, Arjen persönlich als sein bester Freund, Mike Baker als sein Vater, Mikael Akerfeldt (Opeth) weltklasse als Furcht, Magnus Ekwall (The Quill) als Stolz, eine überragende Irene Jansen als Leidenschaft, ein ebenso abgöttischer Devin Townsend als Wut, sowie Eric Clayton (Saviour Machine) als Vernunft, Heather Findlay (Mostly Autumn) als Liebe, Devon Graves (Dead Soul Tribe) als Agonie und das überraschend starke Neutalent Marcela Bovio als Ehefrau. Theoretisch müssten allein diese durchschlagenden Argumente für eine Topwertung reichen, doch all das wird auf musikalischer Basis nur noch mehr getoppt. Arjen Anthony Lucassen ist wohl der einzige der es schafft derart verspielte, dynamische, abwechslungsreiche, epische, und atmosphärische Songs zwischen Rock, Metal, Folk, Klassik und Blues zu schreiben die dennoch wie aus einem Guss gemacht scheinen. Ob nun die psychische Achterbahnfahrt ‚Day Two: Isolation‘, das melancholische ‚Day Four: Mystery‘, der verspielte Superohrwurm ‚Day Seven: Hope‘, die erste Singleauskopplung ‚Day Eleven: Love‘, das düster rockende ‚Day Twelve: Trauma‘, das sentimentale ‚Day Seventeen: Accident‘ oder der abschließende Hammer ‚Day Twenty: Confrontation‘ (macht es eigentlich noch Sinn einzelne Songs rauszupicken?) – hier stimmt absolut alles. Erwähnenswert ist außerdem noch die zweite unglaublich geile Singleauskopplung ‚Loser‘, in der Mike Baker als Vater am Krankenbett aufkreuzt, den Komapatienten bis zum äußersten provoziert und traktiert, und Devin Townsend (Wut) dann am Ende wie ein Gepard aus der Deckung prischt und alles in Grund und Boden kreischt. Damit also das lang erwartete Fazit: Dank all der oben genannten Details, sowie dem äußerst genialen philosophischen Ansatz ‚Der Mensch ist eine Gleichung‘ gibt es zurecht die Höchstpunktzahl, und es bleibt die Hoffnung dass Arjen bald wieder mit Star One auf Tour geht um die Songs live zu präsentieren.

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16.07.2004

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7 Kommentare zu Ayreon - The Human Equation

  1. akula sagt:

    Ich hatte mich mit der Band beschäftigt und ihr Album gekauft, weil als Gastmusiker Mikael von Opeth, mitwerkelte. Nunja, ein eher dümmliches vorgehen. Ich wurde enttäuscht, kann somit mit deren Musik nichts großartiges anfangen. Auch seitdem ich mir die älteren Alben zugelegt hatte. Es ist mir mit zuvielen kitschigen Details unterlegt und erinnert teilweise etwas an den Powermetal-Stil der 80er, wie ja häufig im Progmetal-Bereich, jedoch ist das einfach nicht mein Fall. Das soll aber nicht heißen, das es ein schlechtes Album ist! Die Band hat wohl zurecht einen hohen Status. Ich versteh ihn nur nicht… was solls. 😀 Ich rate zum Probe hören, bevor man zuschlägt. Deswegen eigentlich auch nur 9 verdiente Punkte. Trotzdessen sind die Vocals vieler Gastmusiker wahrlich klasse. 😉

    5/10
  2. .feanor sagt:

    Überragend! Die Arrangements wirken an keiner Stelle willkürlich sondern klingen als ob es genau so sein müsste. Vielfältige Instrumentierung, geniales Konzept, tolle Melodien, und über die Klasse der beteiligten Musiker braucht man ja wohl kein Wort zu verlieren…

    10/10
  3. him sagt:

    Uff! Eine überwältigende Vielfalt, die uns Herr Lucassen hier kredenzt. Anhand des beeindruckenden Konzepts führt er sein Auditorium förmlich durch ein Universum von Klängen und Gefühlen… The Human Equation ist wahrlich ein Hörerlebnis, das vor allem eines von seinem Entdecker verlangt: Zeit. Zeit und Ruhe. Oder besser: Muße. Denn ohne sich zwei Stunden dieser Oper auszuliefern, die Lyrics mitzulesen und einzutauchen, dürfte diese Scheibe nur einen Bruchteil ihrer Faszination preisgeben. – Als zwei kleine Kritikpunkte wäre zum einen die etwas gleichförmige Gastsänger-Auswahl anzuführen: Viele der Stimmen sind sich m.E. zu ähnlich, um die unterschiedlichen Charaktere auszuleuchten. Vielleicht war dies aber auch Absicht, kenne ja die Auswahlkriterien nicht. Als zweites gehen mir einmal mehr die unsäglichen Synthie-Fidel-Orgien aufs Gemächt. Scheint wohl VÖ-Auflage der Prog-Besessenen von InsideOut zu sein…hehe. Denn ich kann mir nicht erklären, was derlei Generve auf einem ansonsten höchstklassigen Werk zu suchen hat. – Dennoch: Ein fantastisches Album, das Anspruch auf wochen-, wenn nicht monatelange unangetastete Platzhirsch-Stellung im Player hat! Wer braucht schon OPEN/CLOSE? 🙂 – him

    9/10
  4. Anonymous sagt:

    wow! ein meisterwerk. zwar nerven diese komischen synthie-und-so-zeugs einlagen wie mein vorredner schon erwähnt hat, vor allem bei LOSER (gott, das lied ist so geil, wäre doch dieser part nach der zweiten strophe nicht sooo extrem nervend und unpassend). ansonsten passt alles bei diesem werk: die "besetzung", die melodien, die verflucht guten lyrics (die sogar bei liedern über liebe oder erinnerungen nicht ins kitschige abdriften; teilweise melancholisch, nachdenklich stimmend, aber dann auch wieder mit einer kleinen portion humor) ich kann diese scheibe nur weiterempfehlen!!!

    10/10
  5. raven sagt:

    Ein absolut geniales Album!!! Eine vielzahl genialer Sänger, die alle ihren eigenen Stil einbringen und dieses kompositorisch schon auf höchstem Niveu liegendem Album zusätzlich veredeln. Mich nerven diese langen Synthie-Passagen überhaupt nicht, gegören sie doch in diese Musik und sind hier auch an den passenden Stellen untergebracht (vor allem das Hammondorgel-Solo von Ken Hensley in Loser ist absolut genial…unglaublich, was der Kerl da spielt!). Aber das ist wahrscheinlich geschmackssache!

    10/10
  6. dermeister sagt:

    ein Meisterwerk.
    die verbindung verschiedenster musikalischer elemente ist hier einfach nur genial.
    allerdings kann ich mit klassik, folk, blues, etc. an sich schon sehr viel anfangen, weshalb ich diese synthese der verschiedenen stile wahrscheinlich auch so genial finde

    10/10
  7. serjey_morello sagt:

    abnormal.
    ich hab mir die cd geholt, vor allem wegen Mikael Akerfeldt von Opeth.
    Das es sich hier nicht um Musik a lá Opeth handelt, war mir im Vorraus natürlich klar.
    Dennoch finde ich diese Scheibe nahezu perfekt. zwar nicht ganz so emotional und atmosphärisch wie opeth, dafür aber verspielter und sehr sehr abwechslungsreich.
    ich habe mir die 100 minuten komplett angehört ohne dass es einmal langweilig wurde.
    also von mir gibts 10 punkte!

    10/10