Weltschmerz
Unsere liebsten Doom-Perlen, Teil 2

Special

WARNING – „Watching From A Distance“ (The Miskatonic Foundation, 2006)

WARNING - "Watching From A Distance"

„Dieses Album kann man nicht verstehen, man kann es nur erleben.“

Bereits unter einem eingeschworenen Kreis von Doomfans als Klassiker geltend, ist das Zweitalbum „Watching from a Distance“ der Briten WARNING bei uns bislang noch nicht mit einem entsprechenden Review gewürdigt worden. Zeit also, das zu ändern. Nach ein paar Demos und dem Erstwerk „The Strength To Dream“ (1999) kam „Watching from a Distance“ sieben Jahre später (2006) heraus, 2009 löste sich die Band bereits wieder auf. Also perfekte Voraussetzungen, so etwas wie einen Legendenstatus mit ebenfalls spärlich gesäten Liveauftritten aufzubauen.
WARNING sind ein pures Destillat: Es kommt nur Doom auf den Teller, nix anderes!

Ähnlich grau, schwer auszumachen und verwaschen wie das Albumcover stellt sich die Musik von WARNING dar. Das Cover zeigt eine Person, die etwas Schweres auf dem Rücken trägt und eine Schräge aufwärts geht. Geht in die Sisyphus-Richtung. Denn die Last, die Schwere, das „Kreuz“, was ein jeder Mensch mit sich trägt, drücken sich wahrscheinlich in wenig anderen Musikgenres so gut aus wie im Doom.

Wer findet, dass andere Doom-Bands wie PALLBEARER oder WHILE HEAVEN WEPT verdammt langsam, episch und todtraurig daherkommen, sollte definitiv mal schauen, wie WARNING sich so anstellen. Hier sind die melancholischen Melodien sehr viel hintergründiger und nicht so sehr „in your face“. Anstatt noch Einflüsse aus Epic/Heavy Metal oder wahlweise auch Sludge mit hinein zu nehmen wie die Amerikaner, halten sich die Briten an ein pures Destillat: Die Riffs ziehen sich zäh und klebend wie Teer, simple, aber effektiv operierende Drums und der Bass bilden das Fundament und die einzigartige Stimme Pat Walkers (der später noch die ebenfalls hochkarätigen 40 WATT SUN aufziehen sollte) hält den Rest zusammen.

Gewohnungsbedüftige Stimme von Pat Walker

Entweder man liebt sie oder hasst sie, etwas dazwischen gibt es, glaube ich, nicht. Im Gegensatz zu den meisten Metal-Sängern in dieser Spielart, die entweder auf Falsett-Höhen, theatralischen Operngesang oder aggressive Vocals setzen, erinnert er mit seiner beinahe nasalen Tonalität fast an Indie-Bands wie OASIS oder PLACEBO, was einen großen Kontrastpunkt zur Musik darstellt. Trotzdem ist die gewisse Traurigkeit, Verzweiflung und Verletzlichkeit in der Stimme zu fühlen, die zum Doom gehört wie ein zünftiger Leichenschmaus zu jeder Beerdigung. Dazu gesellt sich die wirklich fantastische, raumgreifende Produktion: Ob das die mit besonders viel Hall versehenen Drums sind, die dreckigen und knarzigen Gitarren, die trotzdem gut hörbar und dick über dem Geschehen hängen wie Staub in einem seit Jahren nicht mehr betretenen Zimmer. Der Bass stützt den tiefen Frequenzbereich und bringt die nötige Erdung mit hinein.

„Watching from a distance“ ist objektiv wahrscheinlich wirklich nur aus der Ferne betrachtbar

Erste Hördurchgänge werden das Album mehr wie einen durchgängigen Song wirken lassen, was vielleicht sogar beabsichtigt ist. Zum Sich-drin-Verlieren gedacht, denn so etwas wie einen Chorus oder markante Songparts vernimmt man fast gar nicht. Der Aufbau der Songs verändert sich nur minimal, wenn überhaupt, es wird mit einer Stoik musiziert, die wahrscheinlich gleichzeitig Stärke und Achillesverse ist: Während ein Großteil der Menschen mit dieser Platte nichts anfangen können wird, da zu wenig passiert und die Musik zu langweilig ist, wird ein anderer, wahrscheinlich sehr kleiner Teil bleiben, der die Authentizität und die Intensität der Riff-Monolithen „versteht“. Für diese ausgewählte kleine Zahl Doom-Nerds werden WARNING auf ewig Götter bleiben, die in einer mikroskopisch kleinen Schiene innerhalb des großen „Ausdrucks“ Musiks, den Menschen für sich haben erschaffen können, existieren.

(Alexander Santel)

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08.11.2018

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