Ministry - Hopiumforthemasses

Review

Soundcheck März 2024# 21 Galerie mit 18 Bildern: Ministry - Amerikkant Tour 2018

„Hopiumforthemasses“ ist das mittlerweile fünfzehnte Album von MINISTRY. Darauf garnieren Al Jourgensen und seine Band ihren Industrial Rock/Metal wieder mit allerlei politischen und gesellschaftlichen Botschaften – immerhin stehen demnächst ja wieder US-Wahlen an. Das zieht sich ja seit geraumer Zeit wie ein roter Faden durch die Diskografie der Amerikaner, wobei erst die Präsidentschaft Bush Jr. als Inspirationsquelle herhalten musste, später dann die von Donald Trump. Womit sich die Frage erübrigen sollte, wer oder was Jourgensen dieses Mal inspirieren könnte. Zu den Texten aber gleich noch mehr.

MINISTRY mögen’s politisch

Musikalisch, da sind sich alle einig, soll es doch bitte nicht so dröge klingen wie das 2018er-Werk „AmeriKKKant“. Und tatsächlich: Der Opener „B.D.E.“ startet vergleichsweise schmissig – zwar eher langsam, aber mit genau eingeworfenen Sample-Schnipseln, die rhythmische Betonungen setzen und sich mit dem verzerrten und raunenden Gesang abwechseln. In „Goddamn White Trash“ geht es im Uptempo weiter, wobei ein puliserender Synthesizer-Bass neben Schlagzeug und Gitarre einen weiteren Antrieb bildet. „Just Stop Oil“ setzt dem noch einen drauf und zeigt sich durch die fluffige, behende Gitarrenarbeit äußerst leichtfüßig, ja mitreißend.

Al Jourgensen fügt die einzelnen Songelemente auch in der Folge äußerst zielsicher zusammen, wobei er harte Industrial-Rhythmen und Bratgitarren mit allerlei Soundsamples auflockert und die selbst gesungenen Strophen mit eingeflochtenen Chören oder Gangshouts abwechselt. Die Menge an eingesetzten Zutaten ist beeindruckend, wobei Jourgensen wie Soundtüftler und Dirigent gleichzeitig wirkt. Dabei schert er sich auch nicht um Genregrenzen: Der Beginn von „Aryan Embarassment“ erinnert nicht zu knapp an „Seasons In The Abyss“ von SLAYER, der „TV Song“ prescht thrashend nach vorn, „Ricky’s Hand“ wiederum erinnert mit seinem elektronischen Rhythmus an die BLOODHOUND GANG und „Cult Of Suffering“ mit seinen Reverbgitarren an kalifornische Leichtigkeit.

„Hopiumforthemasses“ ist musikalisch abwechslungsreich …

Womit wir beim Thema wären, denn wenn „Hopiumforthemasses“ anfangs noch leicht, gut und fluffig reinläuft, fängt es irgendwann an zu nerven. Jedenfalls teilweise. Das betrifft die Musik, wenn sich beispielsweise das Gitarrenriff in „B.D.E.“ als ziemlich flach entpuppt und bald schon einen Gähnreflex auslösen würde, wenn nicht… wenn nicht die vermittelten Botschaften so plump platziert wären: „B.D.E.“ steht für „Big Dick Energy“, schließlich soll es in dem Song um Incels gehen. Nach dem dritten Gangshout mit eben diesem Slogan steigt der Fremdscham-Faktor in die kritische Zone.

Und die Songtitel („Goddamn White Trash“, „Just Stop Oil“) lassen bereits erahnen, dass es bei den anderen Texten nicht besser wird. Jourgensen gibt sich in den Texten und dem von der Plattenfirma mitgelieferten Promosheet zwar als Durchblicker, wenn er beispielsweise von Social-Media-Algorithmen als „New Religion“ spricht, offenbart aber eine naive Sichtweise auf die Dinge, wenn er Verständnis für Klimaaktivisten aufbringt, die Kunstwerke beschädigen oder zerstören – schließlich müssten sie das ja machen, um Aufmerksamkeit für die Klimakatastro… nein, ganz so aufgeklärt ist der gute Al dann doch nicht.

… und textlich platt

Unterm Strich ist „Hopiumforthemasses“ also durchaus ansprechend und abwechslungsreich, teilweise sogar flott und schmissig geworden – rein musikalisch gesehen. Nervig wird das Album aber immer dann, wenn es sich in Negativität suhlt und (vermeintliche) Probleme in plumpe Slogans presst, an denen man nicht vorbeihören kann. Das ist dann leider nicht so cool wie gewollt, sondern wirkt quengelig, weswegen das Album letztlich gemischte Gefühle hinterlässt.

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04.04.2024

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2 Kommentare zu Ministry - Hopiumforthemasses

  1. nili68 sagt:

    Klar, alles hat Fans, aber war da noch was, außer Psalm 69? Gibt viele solche Beispiele, die ich allerdings wegen Konfliktpotential (rhetorisch, nicht weil meine Meinung von allgemeinem Interesse wäre) jetzt vermeide..

  2. GDoe sagt:

    Mehr als erwähnenswert finde ich „Aryan Embarrassment“, auf dem Jello Biafra singt. Aufgrunddessen fühle ich mich an die sehr guten Alben, die Jourgensen und Biafra unter dem Namen Lard veröffentlicht haben, erinnert. Textlich ist der Song parolenhaft und leicht platt, was aber gut zur angeprangerten Trump-Rhetorik passt und das politische Anliegen des Somgs sehr plastisch unterstützt. Nicht zuletzt aufgrund dieses Tracks erhält das Album von mir eine 8.

    8/10