Ministry - AmeriKKKant

Review

Galerie mit 18 Bildern: Ministry - Amerikkant Tour 2018

Eigentlich war es ja nur eine Frage der Zeit, bis sich Al Jourgensen respektive MINISTRY zur gesellschaftspolitischen Situation in den Staaten und auch zur derzeitig regierenden US-Administration zu Worte melden würden. Und warum auch nicht, denn generell kann man den Eindruck gewinnen, dass das, was dort abgeht, derzeit eher einer dystopischen Satire oder gar Groteske gleichkommt, die sich praktisch wie von selbst schreibt. In dieser Hinsicht scheint „AmeriKKKant“, das 14. Album von MINISTRY, die logische Folge dessen zu sein, was in den Staaten seit geraumer Zeit abgeht. Immerhin gehen solch politisch einschlägige Platten wie „Houses Of The Molé„, „Rio Grande Blood“ und „The Last Sucker“ auf deren Kappe. Sicher spielt hier eben auch ein gewisses Ereignis eine Rolle, das sich am 08. November 2016 zugetragen hat.

MINISTRY haben den Sample-Zug verpasst

Doch schon Cover und Albumtitel geben Anlass zur Skepsis ob der Qualität des vorliegenden Werkes. Beides, in enorm marktschreierischer Manier gestaltet, erweckt eher den Eindruck von Gezwungenheit denn den eines Statements aus den künstlerischen Schaffensdrang heraus. Doch zunächst scheinen MINISTRY diesen Eindruck entkräften zu können. Das eröffnende Intro „I Know Words“ in Kombination mit den ersten Tönen des folgenden „Twilight Zone“ schaffen es sogar, so etwas wie eine Endzeitstimmung zu erzeugen. Doch wie viel Potential gerade mit der „Twilight Zone“ im Besonderen und letzten Endes mit „AmeriKKKant“ im Allgemeinen verschwendet worden ist, merkt man dann doch relativ schnell.

Die bandtypischen Samples sind natürlich auch hier ein zentrales Element. Und derzeit liefert ja vor allem der amtierende US-Präsident mehr als genug Zündstoff, um mit seinem geistigen Auspuff ganze Annalen über politische Entgleisungen zu füllen. Auf diesen Sampling-Zug sind entsprechend viele Charaktere der Unterhaltungsindustrie aufgesprungen, sodass MINISTRY in dieser Hinsicht schon sehr hinterhinken. Zwar hat die Band mit „Victims Of A Clown“ einen kreativen Weg gefunden, die Samples (Nachtrag d. Red.: aus Charlie Chaplins „Der große Diktator“ übrigens) in einen eingängigen Refrain zu packen, der langzeitig im Gedächtnis hängen bleibt. Doch ansonsten scheinen gerade die präsidialen Zitate ihren Schock-Faktor durch ihre schiere Ubiquität verloren zu haben. Und das hat Jourgensen einfach nicht gemerkt.

Zwischen solider Industrial-Kost und verschwendetem Potential

Musikalisch sieht es technisch gesehen solide aus. Der Sound der Band ist intakt geblieben und die Songs machen für sich genommen auch was her. „Twilight Zone“ erzeugt wie eingangs erwähnt zuweilen so etwas wie eine Endzeitstimmung durch seine an der Schwelle zum Doom trottenden Rhythmik, welche die trostlose Stimmung des Tracks unterstützt. Doch der Kardinalfehler des Songs ist, dass er mit acht Minuten einfach viel zu lang ist, was eine Menge Leerlauf innerhalb des Tracks zur Folge hat. MINISTRY versuchen diesen zwar mit Samples aufzufüllen, doch diese sind inhaltlich weder sonderlich einfallsreich mit den Lyrics noch miteinander verknüpft, sondern fügen sich lediglich rhythmisch ansprechend in den Song hinein. Diese Vorgehensweise funktioniert dagegen bei „Game Over“ besser, jedoch hauptsächlich deswegen, weil der Song deutlich kürzer ausgefallen ist. Dennoch bleibt die enorme Menge an Leerlauf ein Problem, mit dem das Album fast durchgehend zu kämpfen hat. Ausnahme bildet „We’re Tired Of It“, ein thrashiger Zweiminüter, der zackig auf den Punkt kommt und gar nicht lang genug ist, um überhaupt Platz für inhaltliche Leere zu entwickeln.

Aber überhaupt hätte die Band vielleicht mal etwas wirklich Verrücktes machen können: Das Album wäre allein durch seinen Kern interessanter geworden, wenn MINISTRY die Idee der „Twilight Zone“ ausgeweitet und „AmeriKKKant“ als fiktive Episode besagter Sendung aufgezogen hätten. Der Twist wäre dann der traurige Realitätscheck gewesen. Oder was wäre, wenn Jourgensen das Album wie ein Interview mit dem Präsidenten gestaltet und die Antworten auf seine Fragen dann aus dem Fundus seiner Entäußerungen gesamplet hätte? So viele Möglichkeiten hätten sich geboten, um ein einschlägiges, künstlerisch wertvolles Statement zur politischen Lage in den Staaten zu machen. Doch waten Jourgensen und Co. hier eher in vertrauten, sicheren Wassern, die in ihrer mittlerweile sehr ausgetretenen Beschaffenheit einfach ihre Brisanz verloren haben – eben dadurch, dass man diese Form des zum internationalen Volkssport gewordenen Präsidenten-Bashing dank Youtube praktisch jederzeit und überall konsumieren kann. In seinen uninspiriertesten Momenten fühlt sich „AmeriKKKant“ folglich mehr an, als sei das Album durch eine reine Obligation denn den künstlerischen Drang zur Aussprache gegen die Missstände in den Staaten entstanden.

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04.03.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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