Iron Maiden
Das meint die Redaktion zu "The Final Frontier"
Special
Was, „The Final Frontier“ kriegt nur 6 Punkte bei metal.de?? Seid ihr denn total bescheuert? Nun, um zu besänftigen und um die Debatte gleichzeitig weiter anzuheizen, legen wir nach und präsentieren euch weitere Meinungen zum neuen IRON MAIDEN Album aus der Redaktion.
Es sind die neuen Qualitäten
Wenn ein neues IRON MAIDEN-Album ansteht, dann gibt es nicht nur allerorten freudige Spekulationen über Inhalt und Qualität, sondern regelmäßig meldet sich auch die Fraktion zu Wort, die seit Jahren darauf wartet, dass die Band mal wieder einen Song wie „The Trooper“ oder „Hallowed Be Thy Name“ auf die Menschheit loslässt. Man hat manchmal beinahe das Gefühl dass die Jungs nicht älter werden dürfen, und zu ausgefeiltes und anspruchsvolles Songwriting einfach zu wenig Heavy Metal sei. Und das Herzstück von „The Final Frontier“ sind genau die von dieser Fraktion so verhassten langen Songs, oft mit ruhigem Einstieg und späterer Steigerung, fast nie nach dem ersten Hören zu erschließen. Dieses Rezept geht bei den Fans spätestens bei der Reunion auf, und diese Art des Songwritings hat auch das letzte Studioalbum „A Matter Of Life And Death“ zu einer umstrittenen, aber vielerorts sehr geschätzten Angelegenheit gemacht. Bei MAIDEN sind heute die ausladenden Epen nicht mehr Ausnahme, sondern Regel. Und es ist meiner Meinung nach auch das, was sie derzeit am besten beherrschen.
„The Final Frontier“ bedient also in erster Linie die Fans, die der Band auch nach der letzten Scheibe noch die Stange hielten, bietet aber genug Qualität, um auch damals enttäuschte zumindest ein bisschen zu vertrösten. Der Einstieg in das Album ist überraschend kalt und technisch, eine viereinhalb-minütige Klangcollage, die im Endeffekt ein wenig zu lang ist, mit seinem Text aber auf den folgenden, nett rockenden Titelsong vorbereitet. „El Dorado“, der bereits vorab bekannte Song, klingt auf der CD besser, ist aus meiner Sicht aber trotzdem der schwächste Song des Albums. Es folgen drei verhältnismäßig kurze Songs, die dem geneigten Hörer den Zugang ab sofort ein klein wenig einfacher machen. Das balladeske „Coming Home“, das an Bruce‘ Solowerke erinnert ist vielleicht das Highlight der ersten Hälfte. „The Alchemist“ ist der Song für diejenigen, die sich so sehnlichst „kurze, knackige Songs“ wünschen und geht als hübscher, MAIDEN-typischer Ohrwurm durch. „Mother Of Mercy“ schließlich bietet einen etwas ungewöhnlichen Ansatz, da die Melodie eine etwas neue Seite der Band zeigt und insgesamt sehr orientalisch wirkt. Gut ist der Song allemal.
Mit „Isle Of Avalon“ beginnt aber der Teil des Albums, der die Legende so präsentiert, wie sie sich heute definieren lässt: Als progressiv angehauchte Heavy-Rock-Band, die es ihrer Hörerschaft bewusst schwer macht, weil sie weiß, dass diese es so will. Dabei begibt man sich (zum Glück) nicht in frickelige DREAM THEATER-Sphären, sondern baut ein paar Song-Monumente, die man stets in ihrer Gesamtheit betrachten muss. Die oft angebrachte Kritik an den ruhigen Intros durfte man dabei auf AMOLAD noch als berechtigt betrachten, auch wenn man selbst das Album sehr zu schätzen wusste, hier sind die ruhigen Einstiege nur selten ein überreiztes Stilmittel, sondern ein unabdingbarer Teil des Songs. Besagtes „Isle Of Avalon“ erinnert dabei (vermutlich ganz bewusst) an die „Seventh Son Of A Seventh Son“-Phase der Band. Eine Melodieführung, die sich erst nach dem vierten oder fünften Durchlauf vollends erschließen lässt, ein langes Leadbreak mit dem typischen, unverwechselbaren Gitarrenspiel – da lässt sich keine Meinung nach zweimaligen Hören bilden. Dieser Song muss wachsen.
Für „Starblind“ und „The Talisman“ gilt Ähnliches, wobei man gerade vor Janick Gers, dem vielgescholtenen dritten Gitarristen, der nie wirklich aus dem Schatten der beiden Urgesteine Dave und Adrian heraustreten konnte, endlich mal seinen Hut ziehen muss. Seine Komposition „The Talisman“ ist einer der besten Songs der Scheibe, von der Art her an „The Legacy“ erinnernd, und mit ganz großer Theatralik ausgestattet, die man ähnlich bei „Paschendale“ vom „Dance Of Death“-Album gehört hat. Die Dave Murray-Nummer „The Man Who Would Be King“ ist aus tausenden Kilometern Entfernung als eine solche zu identifizieren. Und die Schlussnummer „When The Wild Wind Blows“ ist musikalisch wie textlich eine der eingängigsten und sicherlich besten Steve Harris-Epen seit sehr langer Zeit. Der typische Aufbau sorgt für das MAIDEN-Feeling, der Rest ist nicht von dieser Welt. Erwähnenswert ist außerdem, dass sich die Band ein paar Kritikpunkte zu Herzen genommen zu haben scheint: Es gibt auf „The Final Frontier“ keine einzige endlos wiederholte Dudelschleife, und der Titelsong ist der einzige, dessen Refrainzeile öfter als viermal wiederholt wird. Bruce‘ Gesangleistung ist für sein alter sehr gut, auch wenn er so manche sehr schwierige Stelle nicht mehr ganz so souverän meistert wie früher („El Dorado“, „Starblind“.)
IRON MAIDEN schaffen mal wieder den Spagat, ihren altbewährten, legendären Sound in neue, unverbrauchte Songs zu packen. Wem die progressive Richtung schon zuletzt zu viel war, der könnte auch mit „The Final Frontier“ seine Probleme haben. Dass die Songs uninspiriert seien und kein Feuer hätten, halte ich jedoch für eine unberechtigte Kritik, die man meiner Meinung nach nur dann anbringen kann, wenn man in unserer schnellebigen Welt nicht die Zeit besitzt, anspruchsvoller Musik die Geduld zu geben, die sie verdient. Schlichtes Nichtgefallen des Stils – bitte. Das bleibt schließlich Geschmackssache.
Viele, viele MAIDEN-Fans (die die Scheibe natürlich längst besitzen), werden an „The Final Frontier“ ihre Freude haben. Das ist es, was zählt. 1983 ist vorbei. Und das ist, bei aller anerkannten Dominanz der Klassiker-Alben, auch gut so. IRON MAIDEN 2010 haben andere Qualitäten, die es zu entdecken gilt. Auch wenn ich als Fan der Band persönlich zu einem Punkt mehr tendiere, gebe ich „The Final Frontier“ aus Objektivitätsgründen eine 8.
8/10 (Heiko)
Wohl eher ein zweiter Herbst
Im Vorfeld zu „The Final Frontier“ wurde viel spekuliert. Sogar von einem zweiten „Somewhere In Time“ war die Rede, als der Titel des Albums und schließlich auch Teile des neuen Plattencovers auftauchten, aber an einen zweiten Frühling kann selbst der beinhärteste Fan nicht geglaubt haben, vor allem nicht nach einem Album wie „A Matter Of Life And Death“, das die Briten von einer ungewohnt langweiligen Seite und ohne die typischen Melodielinien offenbart.
An dieser Stelle setzt nun auch „The Final Frontier“ an, aber nicht ausschließlich, denn die Produktion ist diesmal wieder ein gutes Stück druckvoller und sauberer. Doch nicht nur dieser Punkt ist neu: MAIDEN begeben sich stellenweise tatsächlich ein gutes Stück weit in Richtung Vergangenheit („Mother Of Mercy“, „The Alchemist“, „Starblind“) zurück, das dem Album viel Potential gibt, auch wenn man sich an bereits bekannte Songs erinnert fühlt, erforschen ihren zuvor eingeschlagenen Weg allerdings auch weiterhin… und scheitern (erneut): Der Opener ist an Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten, und der vorab veröffentlichte Titeltrack oder das furchtbar langweilige „El Dorado“ plätschern nur so vor sich hin, während sich MAIDEN in ihren überlangen Songs wie „Isle Of Avalon“ und „When The Wild Wind Blows“ um Kopf und Kragen spielen. Echte Freude oder Gänsehaut kommt dabei leider überhaupt nicht auf.
So ist „The Final Frontier“ letztendlich ein stark durchwachsenes Album geworden, das im Vergleich mit seinem direkten Vorgänger zwar wieder etwas an Boden gewinnt, aber an kraftvoll gespielte, eingängigere Songs des völlig unterschätzten „Dance Of Death“ oder des hervorragenden Reunion-Albums („Brave New World“), um ausschließlich Vergleiche zwischen den Alben neueren Datums zu ziehen, denn die Klassiker sind ohnehin unerreicht, nicht einmal im Ansatz heranreichen.
5/10 (Jens)
HEAVY Metal
IRON MAIDEN, wenn dieser Name fällt, fallen viele Alt- und Neumetaller auf die Knie und sind bereit ihre Seele zu geben. Manche erstarren vor Ehrfurcht, andere lieben jeden einzelnen Ton der Briten, kompromisslos und ergeben. Dann aber gibt es auch den Heavy-Metal-Fan, der sich von jahrelangem Erfolg nicht beeinflussen lässt, egal ob mittlerweile immer noch begründet oder doch nur Medienhype, er schaut, bzw. hört sich den Stoff an und entscheidet nach eigenem Ermessen, nach eigenem Gefühl, ob er das Material mag oder ablehnt. Vielen ist dabei wichtig, wie gut das Handwerk ist, wie gut das Songwriting, ob die Songs zünden oder nicht, eingängig sind oder vertrackt, kernige oder lasche Riffs besitzen, einen vollen, kräftigen Sound haben oder eher Proberaumcharakter. Letztendlich ist und bleibt alles Geschmacksache und man sollte selbst grundsätzlich entscheiden, was das Herz einem sagt und nicht, was die Medien oder irgend ein Hype einem diktieren. Man muss nur ehrlich zu sich selbst sein, seine eigenen, manchmal vielleicht zu hohen oder übertriebenen, bzw. fehlgeleiteten Erwartungen bedenken und im Rahmen halten. Vergessen darf man dabei aber nie, dass Musik Kunst ist und jeder Künstler genau das machen darf, was er will. Label-Kompromisse und -Vorgaben möchte ich an dieser Stelle mal außen vor lassen, denn ich wage zu behaupten, das dieser Aspekt IRON MAIDEN nicht mehr viel anhaben kann.
Nun ist es also da, „The Final Frontier“. Wieviel „final“ das Album tatsächlich ist, werden die nächsten Jahre zeigen, ich persönlich vermute nicht, dass Harris und Konsorten ihre Äxte, Stöcke und Mikros so einfach in die Ecke werfen können. Dafür sind die Jungs schon zu lange am Start und dass ihre Kreativität verebbt glaube ich auch nicht. Als einzige Faktoren könnte ich Geld in Betracht ziehen. Vielleicht möchte Dickinson weiter Solo arbeiten und die anderen haben auch schon was am Start, wer weiß…
Zunächst fällt mir der für IRON-MAIDEN-Verhältnisse starke Sound auf, bei dem selbst der Bass endlich mal richtig tief klingt und nicht in Schrabbelregionen herumpoltert. IRON MAIDEN entdecken die Moderne? Ja, doch, ein wenig schon, denn auch ihre Musik klingt durchaus frisch. Nein, nein, nach wie vor spielen hier IRON MAIDEN, ganz klar, da gibt es kein Vertun! Aber sie haben nicht einfach nur einen Abklatsch alter Glanztaten abgeliefert, sondern sind sich (scheinbar) ihrer Pflicht als Vorreiter einer gesamten Szene bewusst und haben „The Final Frontier“ wie ein echtes, neues Baby behandelt, so wie sich das auch gehört.
Wenn man sich den Back-Katalog der Band anschaut, wage ich einfach mal zu behaupten, dass es nahezu unmöglich ist, Klassiker wie beispielsweise „Somewhere In Time“, „Seventh Son Of A Seventh Son“ oder „Fear Of The Dark“ zu toppen und wenn ich als IRON-MAIDEN-Anhänger in mich hineinhöre und ehrlich zu mir bin, sage ich: Das möchte ich auch gar nicht! Ich persönlich erwarte vielmehr, dass IRON MAIDEN das machen, was sie können und einfach nur guten bis sehr guten Stoff abliefern, der genau das wiedergibt, was man von dieser Band kennt, mit so wenigen Neuerungen wie nur möglich, selbst wenn diese trotzdem geringfügig „erlaubt“ werden.
Die Songs auf „The Final Frontier“ wirken bedacht, vielleicht sogar ein klein wenig kopflastig. Die großen Refrains mit sehr starkem Wiedererkennungswert sucht man auf den ersten Höreindruck vergebens und die kompositorischen und gesangstechnischen Feinheiten kristallisieren sich erst nach mehrmaligem Hörgenuss wirklich heraus. Die Zündung der Triebwerke verläuft also etwas verhaltener als früher. Das Sechsergespann hat hier keine Musik abgeliefert, zu der Mann mal eben abhoppeln kann, sondern man sollte sich hinsetzen und zuhören, genießen und sich an dem ergötzen, was sich die Band in all den Jahren erspielt hat, nämlich Können und ein feines Händchen für die richtige Melodie an der richtigen Stelle. Vom perfekten Songwriting zu sprechen wäre wohl etwas vermessen, denn ob es dies nun gibt oder nicht, möchte ich nicht beurteilen. Fakt ist für mich, dass auf dem Album alles Hand und Fuß hat und alles absolut passend sitzt. Jeder Part bereichert den jeweiligen Song und bringt die gewünschte Dynamik rein. Ob man nun als Hörer die eine oder andere Melodie, den einen oder anderen Refrain nicht mag, steht auf einem anderen Blatt, denn das entscheidet ohnehin jeder für sich selbst. Vorwerfen darf man IRON MAIDEN jedenfalls nicht, dass sie nicht wissen, was sie da tun oder ihre Musik, ihre Kunst abwerten, nur weil einem selbst oder dem Nachbarn des Nachbarn der Stoff aus Grund X oder Y nicht gefällt.
Für mich ist nicht jeder Song auf der Scheibe ein Brenner, aber das, was mir nicht gefällt, sieht der nächste vielleicht wieder mit ganz anderen Augen. So ist es doch immer, der eine sagt „starblind“ ist geil, der andere würde ihm dafür am liebsten eins hinter die Löffel geben, weil ihm der Song nicht gefällt. „Also, „Mother Of Mercy“ ist der beste Song des Albums!“ – „Waaas? Du tickst wohl, „Isle Of Avalon“ ist der beste“ – „Bruce Dickinson singt kacke“ – „Nein du Ochse, der singt so gut wie selten zuvor. DU singst scheiße!“ …und so weiter und so weiter, jeder hat eine Meinung, und das ist auch gut so.
„The Final Frontier“ ist zusammengefasst das, was IRON MAIDEN heute (HEUTE!) ausmacht und was sie heute selbst repräsentieren wollen. Guter Heavy Metal auf der nach oben offenen Richterskala. Für mich ein Album, das ich mir gerne ins Regal stelle, auch gerne mal anhören werde und eins, das nicht nur in Sachen Cover eben IRON MAIDEN ist. Wenn mich jemand fragt, welche Scheibe ich von den Jungs am liebsten auspacken würde, wäre das natürlich eines der weiter oben genannten Heldentaten, was aber nicht bedeutet, dass „The Final Frontier“ schlecht ist, mir gefallen einige ältere Platten von IRON MAIDEN nur einfach besser und ich behaupte, dass das vielen so geht, sie sich aber trotzdem (!) auf neue Musik der Heavy-Helden freuen, auch wenn diese eben nicht viele der alten Sachen übertrifft.
In diesem Sinne: Die eiserne Jungfrau lebt noch und das hört man dem Album meiner Meinung nach auch an. Ich jedenfalls hoffe, dass „The Final Frontier“ eben nicht das Finale dieser einmaligen Band darstellt. Die Szene würde einen sehr großen Verlust vermelden müssen, wenn es denn so wäre…
7/10 (Sickman)
Coming home – Back to the village again…
Mit einem gänzlich untypischen, aber phantastisch atmosphärischen Intro eröffnen IRON MAIDEN ihr neues Album „The Final Frontier“. Düster, mit fein quer schießenden Schlagzeugfiguren, Industrialsequenzen und schrägen Leads spielen sich die Engländer warm, um nach Minuten endlich mit dem hell-markanten Gesang von Bruce aufzuwarten. Technoid, schizophren, dunkel sägt der äußerst mutige Opener „Satellite 15… The Final Frontier“, sehr facettenreich Moderne mit Tradition mischend sich in unsere Gehörgänge. Das Break um 4:40, welches zurück zu den Wurzeln führt und ein tolles Riffing auffährt, wird formidabel in den Track integriert. Diese Eröffnung gefällt mir viel besser als die Songs der letzten Alben, welche mir oft zu lang und zuwenig spannungsreich komponiert waren. Außerdem fällt auf, dass die Gitarren viel fetter produziert sind und mit mehr Schmackes einher kommen. Das Solo ist dermaßen filigran enthusiastisch eingespielt, dass Erinnerungen an „Piece Of Mind“ aufkommen.
„El Dorado“ hämmert sich durch Midtempo. Die erneut schiefen Licks stellen eine ungeheure Bereicherung der typischen Trademarks dar. Trotz des hellen Chorus bleibt die Grundhärte, dunkle Schwere erhalten. Auch hier wächst wie eine Zauberblume ein Klassesolo, beschwingt solideren die Gitarren um den Hörer herum, geil! Und endlich führt der Bass von Harris wieder durch den Song! Interessant auch hier die variablen Drumsequenzen. Transparent, glasklar dann das ruhigere „Mother Of Mercy“: die zurückhaltender Stimme stimmt ruhig, bevor galoppierende Gitarrenläufe die Richtung anzeigen, wo Quentin Durward und Robin Hood zu finden sind. Die tight eingespielte Rhythmusabteilung kann voll überzeugen und wir müssen konstatieren: progressiv-spacige Licks halten mehr und mehr Einzug ins Soundgewand der Briten.
Balladesk verführt „Coming Home“ mit einschmeichelndem Gesang, bis auch hier die swingende Gitarrenfraktion Kommando über Song und Aufbau der Komposition übernimmt. „The Alchemist“ eröffnet mit Speed ganz nach Art der Achtziger, die Hooks sind einzigartig, so spielen NUR MAIDEN. Der Bogenschütze des Königs macht mit den Schergen des Sheriffs von Nottingham kurzen Prozess. Er ist auf Robins Seite, klar. Nebel wabert um uns, die „Isle Of Avalon“ ist kaum erkennbar. Merlin ist nahe, man bemerkt seine Präsenz hinter den uralten Eichen vor dem Moor. Harris’ Bassspiel tönt wieder so, wie ich es immer am meisten mochte: federführend, hämmernd, mit exaktem Groove, als flexible Klammer um den Song gruppiert. Bruci setzt hier gern seine Sirenenstimme ein, das passt auch zur Dramatik des Augenblicks. „Starblind“, hören wir da hintergründig orientalische Leads? Nicht lange, und MAIDEN setzen alle Gitarren zusammen ein, eine Wucht, da muss Bruce alles geben. Soli hinter dem feinen Chorus zeigen, dass die Briten sich nicht anbiedern wollen, sondern zurück zu Eddie gefunden haben; bei ihm regiert Schimmel, die Farbe grün, das Unheimliche wartet in der Rue Morgue, in der U-Bahn.
Dann Stille, die Wirkung vom folkloristisch-angehauchten „The Talisman“ lässt uns von vergangenen Lagerfeuern im Forst von Nottingham träumen: Zeiten der Eintracht, Muße, im Einklang mit Mensch und Natur. Schrill bricht die sägende Stimme von Bruce durch das karge Geäst, um sich sodann in eine hochmelodische, typische IRON MAIDEN-Spirale zu winden. Trauriger geht es nimmer. „The Man Who Would Be King“ mutiert ebenso zu einem Klassesong. Die sich schraubenden Soli umwickeln Bruci mit dornigen schwarzen Rosen, doch der Frontmann lässt sich nicht beirren, er bricht aus, unangestrengt natürlich. Auch hier findet sich britische Folklore, mit schwebender Leichtigkeit hinter die Leads gelegt, aber, und das gefällt mir ganz ausgezeichnet, die eisernen Jungfrauen erlauben auch der Moderne Zutritt zu den Gemächern des schwarzen Prinzen.
Das ruhige „When The Wild Wind Blows“ beschließt das Album. Die einfache Melodielinie fräst sich für den ganzen Tag ins Hirn. Nicht nur, dass u.a. die SCORPIONS die Strophenakkorde für „Make It Real“ und Softie EAGLE EYE CHERRY selbige in leicht abgewandelter Form für einen Superhit verwendeten, sie sind auch wirklich von einer Griffigkeit ohnegleichen. Die hymnische Passage und die verspielten Soli zeigen eine Band voller (wiederentdeckter) Spielfreude. Vergesst sämtliche peinlichen Power Metal-Epigonen der letzten Jahre und erweist den Meistern die verdiente Reverenz!
9/10 (Stendahl)
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