Devil Side Festival
Der große Bericht vom Devil Side Festival 2012
Konzertbericht
Freitag, 20.07.2012
Die ersten Gehversuche eines Festivals sind selten perfekt. Das Devil Side Festival 2012 schlug sich jedoch ganz gut bei seiner Umwandlung von einem Tagesevent zu drei Tage Heavy Metal mit einem eigenen Campground. Und auch wenn das Line-Up teilweise völlig wirr und unpassend zusammengestellt war und der Sonntag, welcher ausschließlich in der Turbinenhalle statt fand, nicht als vollwertiger Festivaltag zählen kann, hatten die Metalheads von Nah und Fern ihren Spaß bei traumhaftem Wetter, Riffs und Tetrapacks voll mit Schnaps und Multivitaminsaft.
TENSIDE
Eröffnet wird das Fest von den deutschen Modern-Metallern TENSIDE. Der Vergleich zu P.O.D. drängt sich nicht nur wegen des bedreadeten Fronters auf. Doch die Jungs machen ihre Sache gut, obwohl der Gitarrensound in der ersten Hälfte des Sets völlig untergeht. Trotzdem sitzen die einprägsamen Songs wie „Armed And Dangerous“ oder „Grenade Of Hate“ schon zu früher Stunde. Vor allem der bärtige Basser der Münchener gibt eine tolle Figur ab – der Rest muss sich erst noch wach spielen, um ihm zu folgen. Beim letzten Stück „One Bullet Left“ fällt das Fazit durchaus wohlwollend aus – guter Opener.
EXIT TEN
Die zweite Band des Festivals hört auf den Namen EXIT TEN. Die fünf Jungs rund um den Sänger Ryan Redman sind die ersten auf der größeren Hell Stage und können mit einem richtig fetten Sound aufspielen. Das Publikum ist noch etwas verschlafen und auch noch nicht sehr zahlreich, aber davon lässt sich die Band nicht stören. Die Jungs rocken tight und sicher durch ihr Set von musikalisch sehr ansprechenden Prog-Rock-Songs. Der Song „Lion“ wird augenblicklich zu einem Ohrwurm. Vor allem Fronter Ryan Redman macht mit seinem Sangesorgan mächtig Eindruck. Er lässt kurz das Mikro weg, und man merkt, dass er dieses eigentlich gar nicht brauchen würde.
CEREBRAL BALLZY
CEREBRAL BALLZY kommen eigentlich aus New York. Für das Festival mussten sie jedoch nicht extra anreisen, da sie quasi um die Ecke in London ihr neues Album aufnehmen. Trotz des kurzen Anreisewegs stehen die Punker schon um 12:30 dermaßen sturzbesoffen auf der Bühne, dass es eine Pracht ist. Vor allem der schwarze Sänger Honor Titus ist mit seiner Beavis & Butthead-Kutte und den vielen nicht getroffenen Tönen ein großer Hingucker. Skateboards, Weed und Punk – aus Sicht der Band alles richtig gemacht. Und obwohl hier musikalisch rein gar nichts passiert ist, hat die Band gut unterhalten.
CHTHONIC
Ein episches Synthesizer-Intro kündigt die nächsten Exoten an. Bei den Urgesteinen des Taiwaneschen Metals CHTHONIC schallt als erstes eine durchgehende Doublebass durch die Luft. Die fünfköpfige Band wirkt professionell und überzeugt in puncto Sound und Bühnenbild. Frontmann Freddy Lim setzt fernöstliche Akzente mit der Erhu, einem traditionellen Streichinstrument. Von dem fleischgewordenen feuchten Traum aller Manga-Fetischisten am Bass muss man gar nicht erst reden. Alle Achtung gilt dem Aushilfsdrummer, der das anspruchsvolle Niveau trotz angestrengter Miene tight vom Blatt zockt.
D.R.I.
Den ersten Moshpit des Festivals gibt’s dann bei D.R.I. Die mittlerweile etwas in die Jahre gekommen Herren machen eine gute Show, und die treibenden Hardcore-geschwängerten Thrash-Songs werden vom Publikum für die frühe Uhrzeit gut angenommen. Man sieht hier und da ein paar Matten kreisen, und vor der Bühne wird der erste Staub aufgewirbelt.
DOG EAT DOG
Die Sonne kommt gerade heraus, und passend dazu betreten die Jungs von DOG EAT DOG die Bühne. Ihr Mix aus Hardcore, Punk, Ska und Hip-Hop überzeugt die mittlerweile warm gewordenen Zuschauer. RAGE AGAINST THE MACHINE-angehauchte Show ist live nun mal geil. Mit stimmungsreichen Ansagen, wie vor dem Song „Milf“, sowie mit passenden Interludes wird fast jeder zum Mitspringen animiert. Gegen Ende der Vorstellung nimmt Drummer Brett Austin das Mikrofon selbst in die Hand und zeigt, dass Hip-Hop auch einem Metal-Publikum Spaß machen kann. Nach dem letzten Song „Dog Eat Dog“ gibt es mächtige Zugabe-Rufe. Doggy Dog?
SERUM 114
Aus Frankfurt am Main kommen SERUM 114. Dass der Name an den Kult Film Clockwork Orange angelehnt ist, bringt der Band leider nichts. Geboten wird 08/15-Neue Deutsche Härrrte, die die meisten Zuschauer ziemlich schnell anödet. Deutschrock Platitüden, Standardriffs und Singalong-Refrains – alles ganz nett, aber jeder kennt ganz nett. Da helfen auch nicht die Parkour-Einlagen des Gitarreros nicht viel.
EMIL BULLS
Als EMIL BULLS die Bühne entern, knallt die Sonne gnadenlos auf die Festival-Besucher hinab. Den Mannen aus München ist das egal, und sie legen mit sichtlich viel Spaß bei der Sache los. Auch nicht ohne Grund, denn es hat sich mittlerweile eine ordentliche Crowd gebildet, die ihre Songs ordentlich abfeiert. Selbst die von Sänger Christoph Freydorf geforderte Sitzeinlage wird vom Publikum ohne lange zu fackeln mitgemacht. Belohnt wird das ganze mit dem Song „Nothing In This World“, der musikalisch und inhaltlich das absolute Highlight der Show ist.
BETONTOD
Mit einem nahtlosen Übergang geht es weiter mit den Deutschrockern von BETONTOD. Die Herren mittleren Alters stehen ihren Vorgängern von SERUM 114 in nichts zwar. Zwar bleiben Besuche in der Menge und wilde Kletteraktionen aus, aber dennoch ist die Stimmung nicht zu verachten.
Die Fans singen lauthals mit, und der Gesang von Meister Oliver wird durch eine permanent sehr unterhaltsame Mimik untermalt. Die eingängigen Texte sind derart einprägsam, dass es selbst dann möglich ist, sich der völligen Feierlaune hinzugeben, wenn man die Band vorher nicht kannte. Eins sehr gutes Beispiel ist „Wir müssen aufhör’n weniger zu trinken“, das gegen Ende des Sets von so ziemlich jedem Festivalbesucher mitgegrölt wird.
THE BONES
Der Vierer THE BONES kämpft sich abgebrüht durch das Set von sehr reif wirkenden, punkigen Rock’n’Roll-Songs. Trotzdem müssen die Jungs mitansehen, wie die Crowd vor ihnen in der Sonne verbrennt und deswegen auch eher nur verhalten mitwippt. Gegen Ende des Gigs kommt aber vorne noch mal Bewegung rein, zur Freude der vier Schweden auf der Bühne, deren Auftritt heute leider nicht wirklich aus der Masse der Bands herausstechen kann.
THE SOUNDS
In einem schickem roten Kleid, blondgefärbten Haaren, die zu einem Dutt gezwirbelt wurden und einer Zigarette in der Hand, kommt THE SOUNDS Sängerin Maja Ivarsson auf die Bühne. Dabei scheint sie lediglich einen Auftrag zu haben: die Männer um den Finger zu wickeln. Nach dem Motto „Sex sells“ räkelt sie sich auf der Bühne, lüftet immer wieder ihr zartes Kleidchen, so dass man ihre schwarze Unterhose sehen kann, und lässt somit alles andere in den Hintergrund geraten. Dass diese Musik alles andere als Metal ist, erkennt ein Blinder mit dem Krückstock, und so richtig gefallen wird sie hier auf diesem Festival wohl auch den wenigsten. Dennoch wird es einfach nicht leerer vor der Bühne. Die Indie Musik (oder ist es vielleicht doch einfacher Pop?!?) schwappert durch die Boxen, und der Plan der softerotischen Verführung von Maja Ivarsson scheint voll aufzugehen.
ARCH ENEMY
Hiernach spielt endlich die erste Metal Band des Tages. Und die Meute lechzt geradezu danach. Und wie erwartet enttäuschen ARCH ENEMY, die Schweden-Deutschland-Legierung niemanden. In schicker Old-School-Nietenjacke prescht das wohl fitteste Frontblondchen des Planeten nach vorne und zeigt vom ersten Ton an, wieso der Name Gossow für feinsten Death Metal steht. So brutal hat sich heute noch niemand die Stimmbänder strapaziert.
Während die Band bei „Bloodstained Ground“ abgroovt und Angela sehr wirkungsvoll mit der Bandflagge durch die Gegend fuchtelt, werden die „Lauter, lauter!“-Rufe immer deutlicher. Und tatsächlich ist die Dezibelbegrenzung ärgerlich, denn was für die Vormittags-Alternatives ausgereicht hat, ist spätestens bei dieser Band einfach zu leise. Frau Gossow sieht es genauso und widmet „Dead Eyes See No Future“ dem lauten Metal. Alles in allem ein gewohnt guter Gig, auch wenn vieles durch die geringe Lautstärke untergegangen ist.
CLAWFINGER
Die skandinavische Crossover-Truppe CLAWFINGER ist heute offenkundig noch vielen ein Begriff. Doch obwohl die Band bereits einem älteren Semester angehört, springt die Energie schnell auf die Zuschauer über, die nach dem Auftritt von ARCH ENEMY noch Adrenalin im Blut haben. Bekannte, alte Songs wie z.B. „Nigger“ werden selbstverständlich nicht ausgelassen. Ob die beherzt mitsingenden Menge überhaupt weiß, dass der Song von der Selbstdiskriminierung schwarzer Minderheiten (Insbesondere Rapper) handelt? Der mit scharfen Gitarren und stampfenden Beats typische Sound enttäuscht auch hier, trotz Lautstärkebegrenzung, nicht. Der obligatorische Hit „Do What I Say“ bleibt mit seinem Kinder-Singsang noch lange nach den Zugaberufen im Gehör.
DORO
Auf der Hell Stage drücken sich die blonden Frontfrauen heute die Mikros in die Hand. Brüllen und Schreien war noch nie DOROs Ding – was dem Goldkehlchen aber auch schon immer bestens zu Gesicht gestanden hat. Die Gute ist, wie immer, bestens aufgelegt und wird wärmstens empfangen. Noch immer finden sich im Publikum zahlreiche WARLOCK-Shirt-Träger, welche – wenig überraschend – die alten Hits ganz besonders abfeiern. Immer wieder schön zu sehen, dass unsere Powerfrau es noch immer kann.
DANKO JONES
Den kurzen Regenschauer des sonst wettertechnisch traumhaften Festivals bringt die kanadische Grinsekatze DANKO JONES nicht aus der Ruhe. Den gut gelaunten Man stört das nicht: „Trocken wird es gleich bei IN FLAMES. Wir wollen jetzt Regen!“ verkündet er entspannt. Gefolgt von satten Riffs in AC/DC-Manier – locker aus der Hüfte, zurückgelehnt und groovend wie Sau. Die Spielfreunde auf der Bühne überträgt sich schnell auf die Zuschauer. Danko sorgt zwischen den Songs der Marke „Kiss Of The Fist“ weiterhin für gute Laune mit lustigen Ansagen, die auch ehrlich rüberkommen. Aus seiner schmucken Explorer haut er ein fettes Bluesrock-Lick nach dem anderen und bringt die gut gelaunte Meute auf die perfekte Betriebstemperatur für den folgenden Headliner.
IN FLAMES
Dieser sind die unermüdlich rockenden IN FLAMES. Dieser Status ist auch in jeder Hinsicht gerechtfertigt, denn was die Jungs jetzt abliefern ist einfach der Hammer. Die Lightshow ist richtig aufgemotzt worden, und die Schweden brennen ein, im wahrsten Sinne des Wortes, Hit-Feuerwerk ab. Das ganze Festival ist versammelt, und die Setlist ist einfach eine Freude. „Cloud Connected“ wird direkt als Opener abgefeuert, und danach folgen Songs wie „Trigger“, „Route To Remain“, „Alias“ oder „Crawl Through Knives“.
Was an diesem Abend auffällt, ist die große Spielfreude und gute Laune der Jungs. Anders Fridén macht extrem lustige, lockere und sympathische Ansagen, und es gibt keinerlei Allüren weit und breit. Die Band ist einfach gut aufgelegt und schüttelt einen großartigen Sound aus dem Ärmel. Das Set geht mit einigen guten Songs des neuen Albums, darunter auch „Deliver Us“, einer Hüpforgie zu „Only For The Weak“ und Gänsehautfeeling bei „My Sweet Shadow“ so grandios zu Ende, wie es begonnen hat und entlässt die Leute zutiefst zufrieden in die Partynacht.
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37204 Reviews und lass Dich inspirieren!
Ignite, The Bones, Skindred, Sabaton, Royal Republic, Overkill, In Flames, Amorphis, Hatebreed, Emil Bulls, Doro, Danko Jones, Clawfinger und Arch Enemy auf Tour
21.11.24 | Royal Republic - The LoveCop-Tour 2024Royal RepublicZenith, München |
22.11.24 | Royal Republic - The LoveCop-Tour 2024Royal RepublicHaus Auensee, Leipzig |
23.11.24 | Royal Republic - The LoveCop-Tour 2024Royal RepublicVelodrom, Berlin |
Alle Konzerte von Ignite, The Bones, Skindred, Sabaton, Royal Republic, Overkill, In Flames, Amorphis, Hatebreed, Emil Bulls, Doro, Danko Jones, Clawfinger und Arch Enemy anzeigen » |
Kommentare
Sag Deine Meinung!