Blind Guardian
"Mit Herz und Seele kann ich sagen: Das ist ein Klassiker!"

Interview

Blind Guardian - Imaginations From The Other Side 25 Anniversary Promo Foto

BLIND GUARDIAN von ihrer modisch besten Seite auf Tour 1995.

Ihr habt ja “Imaginations From The Other Side”, wie auf der beiliegenden DVD zu sehen ist, schon in Gänze live gespielt und habt das nächstes Jahr – wenn alles gut geht – auch mit “Somewhere Far Beyond” vor. Wie ist es für euch, so ein älteres Album am Stück zu spielen? Ist es schwieriger, weil die Dynamik einer Live-Show ganz anders funktioniert als die Dynamik eines Studioalbums?

Theoretisch lassen sich unsere ersten fünf Alben am Stück live spielen. Ob das bei “Battalions Of Fear” oder “Follow The Blind” wirklich Sinn ergibt, sei mal dahin gestellt. Aber ab “Tales From The Twilight World” könnte man das machen. Ich muss sagen, gerade als Sänger entsteht daraus eine etwas einfachere Form der Performance, denn trotz allem befindest du dich innerhalb eines Zeitgeistes. Da ist zum Beispiel die Range des Gesangs ähnlicher. Das führt dazu, dass es eher einfacher ist, die Songs vom gleichen Album am Stück hintereinander zu singen. Ich find’s wesentlich schwerer von einer Nummer wie “The Ninth Wave” [2015 – d. Verf.] zu einer Nummer wie “Banished From Sanctuary” [1989 – d. Verf.] zu switchen.

Das geht nicht mit allen Alben. Bei “A Night At The Opera” zum Beispiel, wo alles high-pitched und gleichzeitig aggressiv ist, wird’s schon schwieriger. Aber die “Imaginations…” ist ein sehr dankbares Album, weil es dir viele Freiräume in der Interpretation, wie Oktavsprünge oder Wechsel zwischen den Harmonien, lässt. Die “Somewhere…” sehe ich relativ relaxed, aber irgendwann steht uns sowas auch mit “Nightfall In Middle-Earth” bevor und da wird es gerade für mich auch schon sportlicher.

Das wäre jetzt meine nächste Frage gewesen: “Imaginations…” dürfte so ziemlich das letzte eurer Alben sein, das sich ohne Abstriche von vorn bis hinten live umsetzen lässt, oder? Obwohl sich “Nightfall…” aufgrund der Theatralik ja geradezu anbietet.

Ist tatsächlich so, nach der “Imaginations…” wird’s schwierig, wie man auch an unseren Live-Sets sehen kann. Einen Song wie “Noldor” haben wir noch nie live gespielt, “The Curse Of Feanor” bisher nur angefangen. Wobei wir für “The Curse Of Feanor” inzwischen auch einen Weg gefunden haben, die Nummer umzusetzen. [Endlich! – d. Verf.] Aus diesen Gründen sind Songs wie “When Sorrow Sang” und “Thorn” auch immer hinten angestellt. Aber auch das wird irgendwann passieren, weil es mit der “Imaginations…” wirklich viel Spaß gemacht hat. Auch die “Somewhere Far Beyond” machen wir jetzt nicht, weil wir es müssen, sondern weil wir wirklich Bock drauf haben.

Ein bisschen was von dem Feuer nimmt man dann auch immer mit ins Songwriting für das nächste Album. Es wäre zwar zum Scheitern verurteilt, wenn wir jetzt noch mal genau so ein Album wie “Somewhere Far Beyond” machen wollten, aber – das kann ich jetzt schon mal übers neue Album sagen – ein bisschen was von der erneuten Arbeit an “Imaginations From The Other Side” hat schon abgefärbt.

Ein anderer Vorteil ist, dass langjährige Fans mal wieder selten live gespielte Songs hören können, wie zum Beispiel “Theatre Of Pain” oder “When Sorrow Sang”.

Stimmt. Das wollen wir aber so oder so ändern. Wir machen uns schon Gedanken darüber, welche Nummern man mal rein nehmen könnte, um das Set ein bisschen aufzufrischen. Wobei der Eindruck häufig falsch ist: Wir sind in den letzten Jahren meist so mit 40-50 Songs um die Welt gezogen. Auf der anderen Seite gibt es 10 – 20 Songs, die zu den absoluten Fan-Favorites gehören, die wir selten oder nie live gespielt haben. Du sagtest gerade “Theatre Of Pain” und da wird mir gerade etwas mulmig. Den Song haben wir, glaube ich, nur auf dem Coburg-Festival 2002 gespielt und es war super schwer. Das sind Songs, wo ich vom Publikum… sehr viel Liebe brauche. Ich bleibe aber dabei, nichts ist unmöglich und die “Somewhere…” wird auf alle Fälle eine gute Erfahrung.
Ich bin auf alle Fälle auch gespannt auf Sachen von “Beyond The Mirror” [bislang letztes BLIND-GUARDIAN-Studioalbum von 2015 – d. Verf.]. Wir haben auf der letzten Tour zum Beispiel “Grand Parade” nicht gespielt, obwohl das Andrés All-time-favorite von BLIND GUARDIAN und generell ein sehr starker Song ist.

Wir überziehen ja leider schon etwas. Bevor ich dann zum Schluss kommen möchte: Du hast eben schon das Album erwähnt, an dem ihr gerade arbeitet. Ich war von der ersten Single “Violent Shadows” etwas überrascht, weil du im Zuge der Veröffentlichung des TWILIGHT-ORCHESTRA-Albums “Legacy Of The Dark Lands” in einem Interview mal meintest, ihr würdet auch mit dem regulären nächsten BLIND-GUARDIAN-Album tendenziell eher orchestraler, als thrashiger werden.

Es wird ein sehr intensives Album, so viel kann ich sagen. Wir sind definitiv NICHT sinfonischer geworden. Mein Eindruck war mit “Legacy Of The Dark Lands”, dass wir mit der orchestralen Phase endgültig fertig sind und es in den nächsten Jahren bei uns um eine Neuausrichtung gehen wird. Es wird eher in Richtung Speed Metal gehen als die Sachen seit “A Night At The Opera”, aber ich möchte auch keine falschen Erwartungen wecken. Wir gehen nicht zurück in die Neunziger. Wir sind einfach nur wieder etwas schneller und haben weniger Schnickschnack dabei. Ansonsten sind es neue, individuelle Songs, die vielleicht manchmal an Älteres erinnern, aber letztlich immer nach vorne gerichtet sind.

“Violent Shadows” wird sich auf dem Album nicht groß anders anhören, außer dass es etwas mehr Text hat und an manchen Stellen eine zweite Gitarren- oder Gesangsstimme. Aber es ist auch von den Layern längst nicht so voll, wie irgendein Album, was wir seit “Nightfall In Middle-Earth” gemacht haben, weil es die Songs einfach nicht benötigen. Die Songs sprechen eine härtere Sprache und das leben wir auch aus. Du hast schon eine Menge progressives Kopf-Zeug dabei. Es ist kein “Geradeaus-Album”. Aber es wird ein hartes und sehr schnelles Album mit genügend Hooklines, sodass unsere Fans hoffentlich happy sind. Wir haben uns über die Jahre auch immer mehr den Dur-Harmonien geöffnet, was bis, sag ich mal, 2000 eher ungewöhnlich für uns war. Auch das ist in den Songs nicht verpönt.

Häufig wechseln wir im hohen Tempo von binären Parts in triolische, wie auch bei “Violent Shadows”. Das Feeling ist dadurch… wenn das im Studio noch präzise eingespielt wird, klingt das auch zackiger. Es gibt die epischen Momente – wir haben auf dem Album eine Nummer namens “Destiny”… aber auch die ist verspielter und weniger orchestral. Es sind auch klassische Elemente drin, aber ich weiß noch nicht mal, ob die vom Orchester aufgenommen werden müsse. Die Nummer hat ansonsten auch Freiraum in Richtung Freestyle und die Gitarren-Arrangements erinnern mich, wenn sie ein bisschen cleaner gespielt sind, an RUSH, obwohl es nicht RUSH ist.
Man kann schon ein hartes BLIND-GUARDIAN-Album erwarten, aber erwartet nicht von uns, dass wir uns zu weit zurückdrehen, oder irgendwie wie 1995 klingen.

Nee, das wäre wiederum ein ziemlicher Stilbruch für euch. Hansi, das war ein wunderschönes Schlusswort und ein sehr interessanter Ausblick. Ich könnte noch Stunden Fragen dazu stellen, aber ich habe langsam Mitleid mit dem Kollegen, der wahrscheinlich nach mir in der Leitung sitzt.

Hab lieber Mitleid mit mir! (Gelächter) Ich hoffe, wir quatschen irgendwann mal wieder.

Das hoffe ich auch.

 

Galerie mit 24 Bildern: Blind Guardian - The God Machine Tour 2023 in Offenbach

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Quelle: Hansi Kürsch
19.12.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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