Prophecy Fest 2023
Unser Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Darkher, Dornenreich, Gràb, Disillusion, Vemod, Laster, Illudium, My Dying Bride, The Vision Bleak, Amenra, E-L-R, Darkspace, Novembers Doom, Agalloch, Crone, 1476, Saturnus, Slagmaur, Tar Pond, Gospelheim, Dymna Lotva, Year Of The Cobra, Thurnin und Vrîmuot
Konzert vom 07.09.2023 | Balver Höhle, Balve

Samstag, 09.09.2023

Galerie mit 74 Bildern: Prophecy Fest 2023 – Samstag Part I

E-L-R (Main Stage)

Der Samstag startet mit E-L-R als erster Band auf der Mainstage gegen 13 Uhr etwas früher. Das Schweizer Dark-Rock-Trio ist umgeben von dichtem Nebel, der in der Höhle wie eine gefährliche Wand über der Bühne verharrt und die MusikerInnen in den Schwaden nur schemenhaft erkennen lässt. Im Zusammenspiel mit der ritualistischen, mystischen Naturdeko und dem herbstlichen Licht in Orangetönen passt das verrauchte Ambiente perfekt zum düsteren Sound, auch wenn die Vocals etwas untergehen. Die hypnotische Mischung aus Post Doom und Post Rock ist aber ein gelungener Einstand in den letzten Festivaltag, ohne gleich alle Geschütze voll aufzufahren.

GOSPELHEIM (Second Stage)

Auf der kleinen Bühne geht es auch ohne Lichtshow bunt zur Sache, allerdings mit völlig anderer musikalischer Ausrichtung. GOSPELHEIM aus Manchester sind nicht nur optisch unverkennbar, sondern auch stilistisch. Ihre vielschichtige Mischung aus Gothic und Doom Rock mit leichtem Black-Metal-Einschlag lässt auf jeden Fall aufhorchen. Vor allem die etwas gewöhnungsbedürftigen Vocals von Bassistin und Frontfrau Coco kommen live noch schräger rüber als auf Platte, sorgen im Rahmen der Performance aber für genug Aufmerksamkeit, um dem Publikum die Mucke näherzubringen. Tracks wie das intensive „Voyeuristic Schism“ funktionieren auch live in all ihren Nuancen gut.

SLAGMAUR (Main Stage)

Die Norweger SLAGMAUR verwandeln die Hauptbühne in einen großen, diabolischen Theaterplatz und liefern die wohl außergewöhnlichste Show des Festivals ab. Die gesamte Truppe ist wild kostümiert. Sänger Dr. von Hellreich trägt unter seinem Mantel eine Art Pestmaske und fuchtelt ständig mit einem mysteriösen Buch mit norwegischen Texten herum. Der Rest der Truppe trägt unter anderem Ziegen- und Schweinemasken und bietet eine sehr skurrile Show. Leider gerät die Musik bei der Szenerie zur Nebensächlichkeit, was der eigenwilligen, doomig angehauchten Black-Metal-Variante nicht gerecht wird. SLAGMAUR überzeugen mit schrulliger Einzigartigkeit und geben mit dem bisher unveröffentlichten Track „Wildkatze“ auch einen Vorgeschmack auf kommendes Material.

Konzertfoto von Saturnus - Prophecy Fest 2023

Saturnus – Prophecy Fest 2023

SATURNUS (Main Stage)

Das zweite Jahr in Folge stehen die Death-Doom-Urgesteine SATURNUS auf der Prophecy-Fest-Bühne. Dieses Mal haben sie ihr neues Album „The Storm Within“ dabei und starten direkt mit dem Titeltrack. Die Band genießt die Show sichtlich. Beim zweiten Song „Empty Handed“ verpasst Basser Brian Hansen seinen “Gesangseinsatz” und wird dafür freundlich von den Kollegen gerügt. Für den fragilen Keyboardtrack „Even Tide“ räumt die Saitenfraktion das Feld. Das Duett von Sänger Thomas A. G. Jensen und NOVEMBERS DOOMs Fronter Paul Kuhr ist eine Live-Premiere, weshalb Kuhr prophylaktisch um Entschuldigung bittet, falls er es versaut: “Gebt nicht SATURNUS die Schuld”, heißt es. Nach Startschwierigkeiten mit den Klick-Tracks erleben wir aber ein gefühlvolles, nachdenkliches Stück, geprägt von gegenseitigem Respekt und Freundschaft – ein Kontrastprogramm zum Rest des Sets und eine rare Gelegenheit, diesen Track überhaupt live zu erleben. Über “Breathe New Life” und dem „Veronika Decides To Die“-Evergreen „I Long“ steuert die emotionsgeladene Show auf ihr Ende zu. Mit dem unverzichtbaren „Christ Goodbye“ verabschieden sich die fröhlichsten Doomer aller Zeiten.

ILLUDIUM (Second Stage)

Auch ILLUDIUM nehmen die Herausforderung an und werfen nach dem Akustikgig am Donnerstag die elektrischen Gitarren an. Das Projekt um Sängerin Shantel Amundson funktioniert sowohl stromlos als auch mit Wucht, aber die dargebotene Mischung aus doomigem Post Rock kommt an diesem Abend etwas intensiver zur Geltung als bei der Overture. Mit der heutigen Präsentation liegt man dichter am Debüt „Ash Of The Womb“ und bringt dessen Grundflair besser rüber.

GRÀB (Main Stage)

Die als erste und “einmalig” angepriesene Show von GRÀB sorgt für Spannung, denn über die Umsetzung des Projektes wird nach Weggang von Hauptsongwriter Gråin wild spekuliert. Befürchtungen bleiben unbegründet, denn die Darbietung des „Zeitlang“-Albums mit Unterstützung der Live-Musiker Markus “Schwadorf” Stock (Gitarre), Martin “Valkenstijn” Falkenstein (Bass) und Sebastian “Seb” Schneider (Drums) ist bemerkenswert.

Nach dem Intro geht es mit „Nachtkrapp“ direkt in die Vollen. Die Smalltalk-Brabbel-Geräuschkulisse ist während der ruhigen Passagen ein echter Stimmungskiller und man ist froh, wenn es nach „…Doch Ich Will“ endlich wieder sägende Gitarren gibt. Die Bühnenshow ist bissig und gleichermaßen faszinierend. Sänger Grànt gibt sich zwischen den Songs redselig und erläutert seine Vision von Weltfremdheit und Einsamkeit raunend in Englisch. Die insgesamt sieben Songs vom einzigen GRÀB-Album sind unumstritten ergreifend. Neben dem Titeltrack packen Songs wie „S‘ Letzte G’leit“, „Nordwand“ und das abschließende „A Gråbliacht“ am meisten. Die sehr dichte, authentische Umsetzung des Albums ist ein spezielles Kleinod und außergewöhnliches Festivalhighlight.

NOVEMBERS DOOM (Main Stage)

NOVEMBERS DOOM gehen auch im September. Die Chicagoer Düsterseelen sind mit mehr als 25 Jahren Bandgeschichte und elf Studioalben echte Szene-Ikonen. Ihr Stil hat sich vom tonnenschweren Death Doom zum lupenreinen Melodic Death Doom entwickelt. Auch ihr vielschichtiges Repertoire macht das Zusammenstellen einer repräsentativen Festival-Setlist schwer. Aber der heutige Gig steht unter einem günstigen Doom-Stern, denn die Band zeigt sich in überragender Laune und zimmert eine Tracklist zusammen, die sich gewaschen hat. Neben aktuelleren Singles wie „Petrichor“ und „Bled White“ gibt es das düstere „Ghost“ von der „Hamartia“-Platte, das immer für Gänsehaut sorgt und zu den intensivsten NOVEMBERS-DOOM-Songs gehört. Fans der Anfangstage kommen nicht zu kurz, denn mit „Awaken“ und „Amour Of The Harp“ von der ersten Scheibe „Amid Its Hallowed Mirth“ wird es richtig doomig. Die Bühnenshow ist agil, aber nicht übertrieben, obwohl Sänger Paul jeden Song intensiv durchlebt und zur Schau stellt. Spätestens mit dem überragenden Titeltrack des Ausnahmealbums „The Pale Haunt Departure“ holt die Band jeden Zweifler ab.

DYMNA LOTVA (Second Stage)

An die unbequeme Realität in der Parallelwelt außerhalb der Höhle erinnern uns die inzwischen in Warschau lebenden Weißrussen DMNYA LOTVA auf der Second Stage. Die Band nutzt ihre beiden Sets geschickt und liefert, wie im Vorfeld angekündigt, zwei sehr unterschiedliche Auftritte ab – optisch und musikalisch. Aufgrund widriger Umstände performen sie an diesem Abend ohne Bandkopf und Bassisten Jauhien als Vierergespann mit Sessionmusikern und Bass vom Band. Die Post-(Black)-Metaller setzen ihre eindringliche Musik mit den schmerzerfüllten Vocals von Sängerin Katsiaryna, aber auch optisch gehaltvoll in Szene und lassen es sich nicht nehmen, ihre Sympathie für die Ukraine zum Ausdruck zu bringen. Insgesamt ein sehr überzeugender Auftritt mit bitterem Beigeschmack im sonst realitätsfernen Festivalrausch.

Galerie mit 68 Bildern: Prophecy Fest 2023 – Samstag Part II

DORNENREICH (Main Stage)

”Was zieht her von welken Nächten” – flüsternd beginnt die exklusive DORNENREICH-Metalshow. Doch die Ruhe entlädt sich nur Augenblicke später in dem markanten Riff des „Her Von Welken Nächten“-Openers “Eigenwach”. Der Nostalgie-Kick trifft hart aber tief ins Herz aller DORNENREICH-Langzeitabhängigen. Mit vier von sieben Songs bleibt der Fokus auf dem 2001er-Meisterwerk, dessen emotionale Stücke mit HERETOIR-Mastermind David „Eklatanz“ Conrad am Bass und Mikro wieder vollständig klingen. Aber sowohl „Jagd“ vom späteren „In Luft Geritzt“-Album als auch der jüngste Titel „Der Freiheit Verlangen Nach Goldenen Ketten“ erfahren eine ebenso intensive Darbietung. In seinem Ausdruck ungebrochen stark wispert, knurrt und schreit Fronter Jochen „Evíga“ Stock mit offenkundiger Passion, immer unterstrichen von passender Mimik. Die gelebte Leidenschaft auf der Bühne erhält eine nicht minder euphorische Resonanz aus dem Publikum, das nach einer intensiven Dreiviertelstunde mit einem bewegenden Schlussakt belohnt wird: Das Set endet in einer heftig mitreißenden „Trauerbrandung“.

VEMOD (Main Stage)

VEMOD aus Norwegen sind ein echter Undergroundtipp, geraten trotz Veröffentlichungsfaulheit nicht in Vergessenheit und sind seit dem Debüt „Venter På Stormene“ gefühlt allgegenwärtig. Live zeigt sich die Band bodenständig und setzt mehr auf Atmosphäre sowie Musik als auf das Bühnengeschehen selbst. Eingehüllt in eindringliches blaues Licht und dichte Nebelschwaden geben VEMOD ihre Interpretation von 90er-Norwegian-Black-Metal zum Besten. Die Mischung aus harschen Parts, epischen Keyboardpassagen und verträumt-ruhigen Übergängen enttäuscht nicht und gipfelt in der Erhabenheit des Titeltracks „Venter På Stormene“.

TAR POND (Second Stage)

Die Schweizer TAR POND haben mit ihren beiden Gigs auf der Second Stage so kurz vor den Headlinern einen schweren Stand, da sich insbesondere AGALLOCH-Jünger bereits vor der Main Stage festsetzen und keine Anstalten machen, sich überhaupt noch mal zur kleinen Schwesterbühne zu bewegen. Eigentlich schade, denn die selbsternannten “Doom’n’Gloomer” geben richtig Gas. Im Gepäck sind vor allem Songs des aktuellen Albums „Petrol“ – das neue Material kommt um einiges wuchtiger rüber als das schwer 70er-Jahre angehauchte Debüt. Die Band passt mit ihrem individuellen Mix aus Doom, Sludge und Post Rock gut auf die kleine Bühne und beeindruckt mit ihrer bodenständigen, ungekünstelten Performance.

DARKHER (Main Stage)

Kurz vor dem Gig von DARKHER sendet ARTHUR BROWN mit flammender Kopfbedeckung eine kurze Videobotschaft, in der er sich für die diesjährige Absage entschuldigt und seine Rückkehr im nächsten Jahr ankündigt. Anschließend entführen Jayn Maiven und Gareth Hodgson die Anwesenden in eine völlig andere Welt. Das Duo überzeugt mit der metallischen Darbietung ihrer speziellen Mischung aus Doom und Folk und erzeugt live eine emotionale und ganz andere Atmosphäre als auf Tonträger. Die sehr abwechslungsreichen Songs leben trotz ihrer schlichten Instrumentierung von verschiedenen Tempi und Sounds, die ein gefühlvolles, zuweilen aufwühlendes Szenario erzeugen. Eine coole Lichtshow setzt die charismatische Präsenz der Frontfrau mit der markanten roten Mähne perfekt in Szene. Das Publikum reagiert zurückhaltend, was zum Teil der besagten Tatsache geschuldet ist, dass sich bereits viele Besucher vorsorglich Plätze für den anstehenden Auftritt von AGALLOCH sichern.

Konzertfoto von Agalloch - Prophecy Fest 2023

Agalloch – Prophecy Fest 2023

AGALLOCH (Main Stage)

Nachdem die Ankündigung der AGALLOCH-Reunion-Show innerhalb kurzer Zeit für die “Ausverkauft”-Meldung seitens des Prophecy Fest sorgte, sind der Andrang und die Anspannung erwartungsgemäß hoch. Während der “geheimen” Vorbereitungen auf den Comeback-Gig hängt vor der Bühne ein Vorhang, der allerdings nur die Frontsicht verhüllt. Große Erleichterung bei den Bühnentechnikern, als der Stoff bei den ersten harten Anschlägen von „Limbs“ planmäßig zu Fall kommt.

Die Stimmung bei den Fans ist gelöst, vor der Bühne tobt der Mob, es ertönen “AGALLOCH”-Sprechchöre. Für viele ist es das Highlight des Festivals, denn die Show ist der erste Auftritt nach dem jähen Ende im Jahre 2016. Die Band selbst ist hochmotiviert und überzeugt von Anfang an. In anderthalb Stunden zocken sich die Jungs um John Haughm quer durch ihre Diskografie. Der Fokus liegt klar auf dem “Ashes Against The Grain”-Album, das AGALLOCH mit Klassikern wie „Not Unlike The Waves“ oder „Falling Snow“ würdigen. Aber auch alle übrigen Alben werden bedacht. Vom Debüt stammt „As Embers Dress The Sky“ und mit „In the Shadow Of Our Pale Companion“ von „The Mantle“ geben die Herren aus Portland einen der eindringlichsten Songs ihrer Karriere zum Besten. Von den beiden letzten Platten kommen die Brecher „Into the Painted Grey“ und „Dark Matter Gods“.

Eine intensive, bunte Setlist, die AGALLOCH trotz langer Abstinenz sehr routiniert darbieten. Großen Schnickschnack gibt es auf der Bühne nicht, das Licht wird den Songs stimmungsvoll angepasst und die Band konzentriert sich völlig auf das Wesentliche: das Abliefern einer spektakulären, energischen Show zur Begeisterung aller Beteiligten. AGALLOCH sind (hoffentlich) zurück!

Nach dem Grand Finale sieht man viele glückliche Fans, die das Erlebte draußen vor der Höhle reflektieren und bei einem letzten Bier fasziniert und überwältigt die kühle Nachtluft atmen. 

Seiten in diesem Artikel

1234567
29.10.2023

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 36721 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare