Rock Hard Festival
Rock Hard Festival 2013 - Der grosse Bericht

Konzertbericht

Billing: King Diamond, U.D.O., Threshold, Tank, Slingblade, Sepultura, Queensryche, Orden Ogan, Orchid, Naglfar, Mustasch, Ashes Of Ares, Horisont, Hellish Crossfire, Gospel Of The Horns, Fleshcrawl, Ensiferum, Desaster, Denial of God, D-A-D und Audrey Horne
Konzert vom 2013-05-17 | Amphitheater, Gelsenkirchen

Sonntag, 19.05.2013

Der Sonntag steht natürlich ganz im Zeichen von Kim Bendix Petersen und seiner Band. Das ganze Wochenende hatte zwar viele geile Bands zu bieten, aber irgendwie wartet Gelsenkirchen eben doch auf KING DIAMOND. Für genau diese Leute sind ATTIC der richtige Start in den letzten Festivaltag. Da die Band so etwas wie ein Senkrechtstarter im Underground ist, sind dementsprechend viele Fans an dem Auftritt der Lokalmatoren interessiert. ATTIC beginnen ihr Heimspiel mit einem dramatischen, aber etwas zu langem Intro und erwischen keinen guten Start in den Gig. Während der ersten beiden Songs haben die Gitarristen Probleme mit der Technik. Die Band macht aber gute Miene zum bösen Spiel und agiert sehr souverän in dieser Situation. Der Falsett-Gesang von Frontmann Meister Cagliostro ist zwar nicht jedermanns Sache, aber am Tag des Königs erhält die Band doch viel Zuspruch und es wird auf beiden Seiten ordentlich gerockt. Songs wie das intensive “Edlyn“, “Join The Coven” oder “The Headless Horseman” mit ihrem MERCYFUL FATE-Touch sind aber auch hervorragendes Futter für die Menge. ATTIC können den Gig trotz der anfänglichen Probleme als gelungen verbuchen.

Galerie mit 11 Bildern: Attic - Rock Hard Festival 2013

Auch GOSPEL OF THE HORNS punkten mit ihrer Mischung aus Black- und Thrash-Metal. Die Australier werden zwar nicht so derbe abgefeiert wie DESASTER am Vortag, können die Fans mit fein rotzigen Old-School-Riffs aber dennoch für sich gewinnen und liefern einen gelungenen Gig ab. ORDEN OGAN fallen leider unserer Mittagspause zum Opfer, sollen nach Angaben verschiedener Ohrenzeugen aber einen eher zwiespältigen Eindruck hinterlassen haben. Ein genaures Urteil kann ich aus obigem Grund leider nicht abgeben. Das erste richtige Highlight des Tages stellen darauf folgend die Retro-Amis von ORCHID dar.

Die Bay-Area-Rocker kommen mit einer Menge Vorschusslorbeeren nach Gelsenkirchen und sind etwas nervös, was ihren Auftritt angeht. Das ist aber eigentlich nicht nötig, da die Rahmenbedingungen nicht besser sein könnten. Der Wettergott zeigt sich den ganzen Sonntag über von seiner gönnerhaften Seite, ORCHID sind mit ihrem aktuellen Album auf Platz 18 der deutschen Charts eingestiegen und das Amphitheater ist amtlich gefüllt, als die Band ohne großes Intro die Bühne betritt. Nervosität ist also fehl am Platz, zumal die Band um Sänger Theo Mindell den Sack gleich mit “The Mouths Of Madness”, dem Opener und gleichzeitigen Titeltrack des aktuellen Albums zumachen. Die Band katapultiert sich und das Publikum mit Stücken wie “Wizard Of War” oder dem genialen “Capricorn” zurück in die Siebziger, um eine fette Retro-Rock-Party zu feiern. Das Publikum frisst der Band dabei aus der Hand, so dass ORCHID aufgrund ihrer intensiven, packenden Songs ganz klar als ein Festivalhighlight über die Ziellinie gehen. Selten gingen 45 Minuten an diesem Wochenende so schnell vorbei.

Rock Hard Festival

Nachdem ORCHID das Stimmungslevel schön angehoben haben, wäre es für eine Kultband wie TANK ein leichtes, diese Vorlage zu nutzen. Ist es aber anscheinend nicht, denn im Jahr 2013 haben TANK mit der Musik für die sie bekannt geworden sind nicht mehr viel gemein. Das rotzige Element, das die Band früher in die Nähe von MOTÖRHEAD stellte, ist vollends einer glattgebügelten Version von traditionellem Heavy Metal gewichen. Die Briten ziehen zwar viele Fans vor die Bühne und Aushilfssänger ZP Theart gibt sich große Mühe, so richtig Stimmung will aber nicht aufkommen. Es fehlen zudem zu viele Klassiker im Set von TANK und die gespielten, wie “This Means War”, können die Stimmung auch nicht mehr anheben. Der Panzer läuft heute sichtlich nicht rund und bietet nur fade Kost.

Warum ich THRESHOLD noch nie richtig auf dem Schirm hatte, wird mir wohl ein Rätsel bleiben. Nach dem langweiligen Auftritt von TANK, habe ich von den ebenfalls aus England stammenden Progressive-Metallern für mich persönlich nicht viel erwartet. Wie man sich doch täuschen kann. Sänger Damien Wilson und seine Mannen strotzen nur so vor Spielfreude und bringen den einen oder anderen Hobbymusiker an den Rand der Verzweiflung. Die Band spielt selbst schwierigste Passagen, als ob es sich um simple Akkordstrukturen handelt. Die Mischung aus Härte und Melodie passt an diesem frühen Abend einfach wie die berühmte Faust aufs Auge. Das sieht Sänger Damien Wilson wohl ähnlich und verabschiedet sich während eines ausgedehnten Instrumentalparts für einen ebenso ausgiebigen Spaziergang ins Publikum des Amphitheaters, joggt entspannt durch die Reihen, schüttelt massig Hände und kehrt mit einem Dauergrinsen im Gesicht auf die Bühne zurück. Feine Showeinlage. Dazu kredenzen THRESHOLD den Fans mit Songs wie dem Opener “Mission Profile” oder “Ashes” nebenbei noch musikalisches Konfekt auf höchstem Niveau. Allemal sehr beeindruckend. Das sehen die Fans auch so und entlassen THRESHOLD mit lautstarkem Applaus in den Feierabend.

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Auf das musikalisch anspruchsvolle Programm aus Großbritannien mit seinen schönen Melodien, folgt die pure brasilianische Aggression in Form von SEPULTURA. Seit “Chaos A.D.” habe ich mich, abgesehen von ihrer J.B.O.-Coverversion (kleiner Scherz), für die Band nicht mehr erwärmen können. Weil auch die Livereviews in der Vergangenheit einen durchwachsenen Eindruck vermittelten, bin ich sehr gespannt auf den Auftritt. Nach dem klassischen “Arise”-Intro folgt leider nicht der Titelsong des 1991er Albums, dafür aber mit “Troops Of Doom” eine richtig alte Kamelle und das Amphitheater steht direkt Kopf. SEPULTURA machen – man muss es wirklich so sagen – keine Gefangenen, was das Aggressionslevel angeht und ich bin echt geneigt Vergleiche zu einer typischen EXODUS-Show zu ziehen. Der Pit vor der Bühne ist der größte des Festivals und es gibt massig ‘good friendly violent fun’ (um mal im Bild zu bleiben), wie man so schön sagt. Mit Granaten wie “Altered State”, “Arise” oder “Territory” (ganz stark) ist das allerdings kein Wunder. Abgesehen von einigen neueren Songs in der Mitte des Sets, die mir nicht zusagen (weil zu wenig Thrash), ist alles im grünen Bereich. Dem Pit gefällt es allerdings sehr gut, was da geboten wird, zumal mit “Biotech Is Godzilla” (das Derrick Green schön hasserfüllt ins Rondell shoutet) auch eine Nummer geboten wird, die man live nicht so oft zu hören bekommt. Subjektiv hätte ich mir ein wenig mehr klassisches Material gewünscht. Objektiv gesehen haben SEPULTURA einen fetten Gig aufs Parkett gelegt, der dem Publikum so ziemlich alles abverlangt hat.

Galerie mit 7 Bildern: Sepultura - Rock Hard Festival 2013

Die avisierte Umbaupause für die KING DIAMOND-Bühnenshow von sechzig Minuten hat zwei Vorteile. Zum einen kann sich das Publikum nach der SEPULTURA-Breitseite etwas erholen. Zum anderen wird hierdurch die Spannung bis zum Auftritt von KING DIAMOND geschickt hoch geschraubt. Die längste Pause in der Geschichte des RHF ist aber auch bitter nötig, denn der King möchte seinen deutschen Fans bei seiner einzigen Show in unserem Land etwas ganz Besonderes bieten. Pünktlich um 21.30h ist es dann soweit. Der Vorhang fällt und Rock-Hard-Chefredakteur Götz Kühnemund kündigt den King an. Als Intro dient die Eröffnungssequenz von KING DIAMONDs Debütalbum “Fatal Portrait”, was alleine schon Erwartungen weckt. Als die Band dann aber in “The Candle” einsteigt, brechen alle Dämme. Der König ist gut bei Stimme, seine Mitmusiker sind einmal mehr perfekt aufeinander eingespielt und die Bühnendekoration in Form eines alten Schlosses (inklusive zweier Treppen, dem Friedhofszaun am Bühnenrand und einem Laufsteg über dem ein riesiges Pentagramm prangt) ist passend gewählt.

Es wird schon sehr früh im Set, spätestens aber nach “At The Graves”, klar, dass hier etwas Magisches passiert. KING DIAMOND präsentieren eine perfekte Mischung aus (progressivem) Heavy Metal und Theater, wobei den Theaterelementen (respektive der zur Show gehörenden Schauspielerin) genügend Platz eingeräumt wird, um die für den King typische, gruselige Atmosphäre zu steigern – sei es als ‘Miriam’ oder Voodoo-Tänzerin ‘Lula’. Was die Band heute Abend bietet, ist einfach unglaublich. Musikalisch werden die Fans u.a. mit “Welcome Home” (inklusive ‘Grandma’ und Rollstuhl), “Sleepless Nights”, “The Family Ghost” oder den beiden MERCYFUL FATE-Krachern “Evil” und “Come To The Sabbath” (Gänsehaut pur) verwöhnt. Bei “Up From The Grave” befindet sich der King mit viel Nebel alleine auf der Bühne und kreiert eine völlig morbide Stimmung, die sich als Spannungsbogen durch den ganzen Auftritt zieht. Man kann es mit Worten nur unzulänglich beschreiben, aber wer da war, weiß was ich meine. Gelsenkirchen erlebt eine einmalige Show, die in einer grandiosen Version von “Black Horsemen” als dritte Zugabe kulminiert. Danach ist Feierabend und wo bei anderen Festivals ein großes Feuerwerk abgeschossen wird, bleibt in Gelsenkirchen nur das Backdrop mit dem großen Pentagramm erleuchtet Es unterstreicht so noch einmal die einzigartige Atmosphäre, deren Zeuge wir gerade achtzig Minuten lang geworden sind.

Galerie mit 10 Bildern: King Diamond - Rock Hard Festival 2013

Fazit:
Im Prinzip kann ich an dieser Stelle die Einleitung zitieren. Es war ein sehr gelungenes Festival, bei dem man viele Bands für sich neu oder wieder entdecken konnte. Die Security war nett und sehr hilfsbereit. Gleiches gilt für das Personal an den Bier- und Verkaufsständen. Kurz, alles prima, wie immer. Das Schönste am ROCK HARD FESTIVAL ist allerdings die Tatsache, dass sich das Ganze mehr und mehr zu einem großen Familientreffen entwickelt und Metalheads genau deshalb jedes Jahr zu Pfingsten erneut gen Gelsenkirchen pilgern. Danke für ein schönes Jubiläumsfestival, liebe Kollegen vom Rock Hard. Wir sehen uns 2014 wieder.

 

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21.05.2013

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1 Kommentar zu Rock Hard Festival - Rock Hard Festival 2013 - Der grosse Bericht

  1. Danny sagt:

    Ich hoffe, die haben sich an die neuen Regeln im Black Metal unterhalten. https://www.facebook.com/rechtlichUnsichereURL/posts/166097630252662