Motörhead - March Ör Die

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 3 Bildern: Motörhead - With Full Force 2014

Lemmy Kilmister ist die ideale Projektionsfläche für Metaller:innen. Kein Mensch gilt als die reinere Inkarnation von Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll. Das gilt insbesondere für die Konsequenz, die dem Briten bei der Umsetzung dieses Lebensstils und insbesondere die Beharrlichkeit in musikalischen Fragen nachgesagt wird. Als in den 1990er Jahren viele Metalbands Grungealben mit unterschiedlicher Qualität veröffentlicht haben, beharrten MOTÖRHEAD auf ihrem dreckigen, bluesig angehauchten Rock ’n‘ Roll, obwohl er nicht zum Zeitgeist gepasst hat und die Band kaum Geld verdient hat. Doch bevor dieses kommerzielle Tief einsetzte, hatte die Band ein wundersames Comeback.

No Sleep Til Comeback?

Als das damalige Quartett bei Sony unterschrieben hatte, zeigten sie auf „1916“ einen spürbaren Qualitätssprung. Highlight waren klassischer MOTÖRHEAD-Stoff wie ‚Going To Brazil‘ oder experimentelles wie der Titeltrack, der völlig ohne Gitarren ausgekommen ist. Die Veränderung zeigte Wirkung, das Album konnte mit Platz 142 der US-amerikanischen Charts die bis dato beste Platzierung erlangen, auch in Großbritanien und Deutschland ist die Scheibe besser eingeschlagen als die Vorgänger. Es folgte eine Nominierung für den Grammy, wo sich die Band um Lemmy Kilmister METALLICA geschlagen geben musste.

Die Marschrichtung für das zehnte Studioalbum war naheliegend: Den Weg möglichst weitergehen. So finden sich auf dem Album Ausflüge gen AOR, Bluesstücke und eine Ballade. Doch auf dem Drumhocker gab es eine entscheidende Veränderung: Der Großteil der Scheibe wurde vom ehemaligen WHITESNAKE-Drummer Tommy Aldrige eingespielt. Phil Taylor wurde wegen seines sich verschlechternden Spiels gefeuert und ist nur auf ‚I Ain’t No Nice Guy‘ noch zu hören. Ähnlich geht es seinem Nachfolger Mikkey Dee, der zu spät zur Band stieß, um sich noch in die Albumproduktion einzubringen und deswegen auch nur auf ‚Hellraiser‘ die Drumsticks schwingt.

Qualitätsabfall auf „March Ör Die“

Doch abseits dieses personellen Wechsels orientieren sich die Songs zu stark an „1916“: ‚Too Good To Be True‘ ist zu stark auf AOR gebürstet. Und welchen Mehrwert das ‚Cat Scratch Fever‘-Cover, außer den Zorn von TED NUGENT, bringt, erschließt sich auch nicht wirklich. Obwohl keine Songs von der Eingängigkeit von ‚I’m So Bad Baby (I Don’t Care)‘ oder ‚Going To Brazil‘ enthalten sind, hat das Album zweifellos seine Momente: ‚Jack The Ripper‘ hat einen Groove, dem man sich nur schwer entziehen kann. ‚You Better Run‘ zeigt, dass der Band eine bluesige Seite tadellos steht. Sonst glänzt das Album eher durch unauffälligere Songs wie ‚Name in Vain‘.

‚March Ör Die‘ sollte wohl das Pendant zum Titelsong des letzten Albums werden. Wo dieser sich jedoch noch als berührende Ballade erwies, ist es nun eine Klangcollage. Den Grundrhythmus bilden marschierende Soldaten ergänzt um Summtöne und Gitarren. Der Text befasst sich nicht mit einem konkreten Beispiel und bleibt weniger anschaulich. Wo ‚1916‘ noch eine angenehme Überraschung war, schloß das zehnte Studioalbum mit einem komischen Experiment.

Rocker und Fürsten

Nachdem Kilmister für Osbournes „No More Tears“ vier Songtexte beigesteuert hat, surfte er auf der Osbournewelle: So coverte er nicht nur das gefällige ‚Hellraiser‘ zurück, sondern bat direkt den Fürsten der Finsternis zu ‚I Ain’t No Nice Guy‘ ins Studio: Musikalisch eher schmucklos, profitiert der Song vor allem vom sentimentalen Text sowie den Gastbeiträgen von Ozzy Osbourne und Slash. Doch die Songs offenbarten, dass bei MOTÖRHEAD anno 1992 zweifellos kommerzielles Potential vorhanden war, auch wenn sie die Rüpelhaftigkeit früherer Tage nur bedingt inkludierte.

Kilmister kritisierte in seiner Autobiografie die geringe Unterstützung seiner Plattenfirma, die sich auch in den wirtschaftlichen Kennzahlen zum Album bemerkbar macht: So ist die Charthöchstplatzierung in den meisten Ländern niedriger als beim Vorgänger, außer in Österreich, wo das Album einen sensationellen Rang 16 erreichte. Vor allem die beiden Songs mit Ozzy-Bezug blieben nicht zuletzt dank der Musikvideos im Gedächtnis haften. Im neuen Jahrtausend fand nur #You Better Run‘ den Weg in die Setlist. So ist es kein Wunder, dass das Quartett auf dem Nachfolger „Bastards“ wieder dreckigere Töne anschlug.

Damit setzten sie einen Prozess in Gang, der für die Mythenbildung der Band wohl am besten war: Die Erinnerung an „March Ör Die“ verblasste. Weg mit der Erinnerung an rockradiokompatiblen Hard Rock und her mit dem Schmutz. Da für MOTÖRHEAD noch kein Platz im Mainstream war, krebsten sie mit ihrem Signaturesound im Underground herum und haben so sich ihren Rock ‚N‘ Roll bewahrt. Aber das nicht, weil sie nicht gern mehr Erfolg gehabt hätten.

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10.08.2022

Redakteur mit Vorliebe für Hard Rock, Heavy Metal und Thrash Metal

Der metal.de Serviervorschlag

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5 Kommentare zu Motörhead - March Ör Die

  1. daniel sagt:

    Das Album hat eine mega Hitdichte ! Da gibt es andere Albumen die in meinen Augen wesentlich schwächer sind ! Aber das mit Phil wusste ich nicht ! Gut zu wissen ! 6 Punkte finde ich zu wenig…aber nur meine Meinung…

    8/10
  2. daniel sagt:

    Alben natürlich ! Scheiss Handy🤦🏻‍♂️

  3. BoeserZaubererWurst sagt:

    Albumen ist ein sehr schönes Wort.

  4. TrVeManSchoh sagt:

    Find ich auch. Und allemal besser als „Metaller:innen“ : D

  5. MetalGerhardt sagt:

    Wirklich nicht so der Hit. Schon der Vorgänger liebäugelte so ein wenig mit dem kommerziellen Rock. Daraus entstand zwar das bisher abwechslungsreichste, aber auch langweiligste Album der Band. Und diesen Trend setzt „March Ör Die“ nun fort. Die Halbballade mit Ozzy ist öde, das Cover von Ozzy schon besser und das bluesige „You better run“ macht schon Laune. Der Titeltrack zum Schluss ist mal etwas anderes. So ist das hier sicher kein schlechtes Album, aber die Phase Anfang der 90er gefällt mir trotzdem nicht besonders gut, denn der dreckige Rock fehlt einem!

    6/10