Opeth - Heritage

Review

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Böse Zungen werden wohl behaupten, dass „Heritage“ das OPETH-Album geworden sei, auf das man nicht gewartet hat. Dass es vielleicht sogar das Album sei, das man immer befürchten musste. Das in seiner Kompromisslosigkeit jeden alten Fan verschrecken wird.

Aber der Reihe nach: Zunächst steht ein deutliches „Ja“. Nimmt man die Vergangenheit von OPETH, die ja zweifelsohne im Death Metal liegt, zum Maßstab, dann bricht „Heritage“ ziemlich rigoros mit diesem Erbe. Und widmet sich umso stärker dem anderen Erbe, dem sich OPETH irgendwie immer verpflichtet gefühlt haben: Dem Progressive Rock und Progressive Metal der Siebziger, Achtziger, Neunziger, bekannt, unbekannt, obskur.

Zunächst aber gehen die Schweden zurück in die eigene Vergangenheit: Das eröffnende Instrumental „Heritage“ erinnert stark an „Silhouette“ vom Debüt „Orchid“. Dann aber „The Devil’s Orchard“: Ein progressives Gitarrenriff, die Gitarre bluesig angezerrt und singend. Dazu schwere, vibrierende Hammond-Sounds. Der Rhythmus passend vertrackt. Natürlich kennt man das so ähnlich von den vorangegangenen Werken, aber eben nicht in dieser Kompromisslosigkeit. Und weit und breit kein todesmetallisches Grunzen zu vernehmen. „I Feel The Dark“ geht wieder zurück in die eigene Vergangenheit: gezupfte Akustikgitarren, ein sanfter Rhythmus, eine zarte Atmosphäre – und Erinnerungen an das Zweitwerk „Morningrise“ werden wach. Dann nach drei Minuten endlich eine dunkle Passage – und immer noch kein fauchender Gesang. Und, das sei vorweggenommen, dabei bleibt es auch. Und Metal ist „Heritage“ eigentlich auch nicht, jedenfalls fühlt es sich nicht so an. Nicht einmal das Finale von „Famine“, das ein schweres Gitarrenriff auffährt, von pulsierenden Hammonds unterlegt, aber ergänzt von einer flirrenden Querflöte. Das alles ist am ehesten Progressive Rock, und ausgehend vom gesamten Album in einer Dosierung, wie man es von OPETH bislang noch nicht gekannt hat.

Dennoch ist ein guter Teil von den vorangegangenen Werken geblieben: OPETH nehmen uns einmal mehr mit auf einem Ritt durch progressive Soundlandschaften: Kein gerader Weg, an jeder Ecke lauert ein Riff, und hat man einmal den Blick nach vorne gerichtet, biegen die fünf Schweden unvermittelt ab und nehmen einen Umweg in Kauf. Selbst das als Ronnie-James-Dio-Tribute etikettierte und zunächst erstaunlich straighte „Slither“ endet so völlig unerwartet mit gezupften Gitarren. Sicherlich: Keiner der zehn Songs kratzt diesmal an der Zehn-Minuten-Marke, aber eingängig ist halt auch keiner. Jedenfalls nicht unmittelbar: Immerhin gibt es mit „The Line In My Hands“ und dem abschließenden „Marrow Of The Earth“ zwei Stücke, die dem einmal eingeschlagenen Weg einigermaßen konsequent folgen und als Ankerpunkt dienen.

Ob jetzt „Heritage“ deshalb alte Fans abschrecken wird? Vielleicht anfangs, denn so mancher wird liebgewonnene Trademarks vermissen: Kein Grunzgesang, keine tonnenschweren Gitarrenriffs, keine extrem finstere Stimmung. Trotzdem wird sich jeder Fan damit anfreunden können, denn „Heritage“ ist ein Album, auf dem es jede Menge Neues zu entdecken gibt. Und natürlich ist es ein Album, das überzeugende Songs bereithält. Insofern ist „Heritage“ eine angenehme Überraschung geworden, auch wenn man sie so nicht auf dem Schirm hatte oder aber deren Kommen man für eine ferne Zukunft befürchtet hatte.

09.09.2011

- Dreaming in Red -

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11 Kommentare zu Opeth - Heritage

  1. Anonymous sagt:

    Habe das Album jetzt ein dutzend Mal gehört und muss sagen, dass ich es sehr gut finde. Natürlich kann man sich daran stören, dass die Death Metal Elemente gänzlich verschwunden sind, die Songs jedoch (und das ists was zählt) sind alle überdurchschnittlich gut. Die Lieder bleiben mit wunderschönen Melodien schnell im Ohr trotz komplexer Songstrukturen und großer Abwechslung. Ganz besonders hervorheben möchte ich den absolut fantastischen Klang der neuen Platte, der absolute Hammer!
    10 Punkte gibts nur nicht, weil ich bei Opeth nie weiß, um wie viel sie sich trotz super Vorgänger immer noch steigern können.

    9/10
  2. akula sagt:

    Ja, was soll man schreiben – so baff ist man über das Album … und so enttäuscht. Vielleicht waren es großen Erwartungen, vielleicht der ganze Rummel drum herum, vielleicht überschätzt man nun zum ersten mal Mikaels Talent für große Songs? Was weiß man schon als Opeth-Hörer ab 1997?

    Ganz klar zu sagen, das große Feuerwerk wurde bereits groß abgeschossen – mit The Devils Orchard. Das Highlight und der Vorabsong. Vielleicht war genau das ein Fehler. Sicherlich nicht für Roadrunner. Der zweite Song auf dem schon absteigendem Ast ist I feel the Dark. Das zweitbeste Stück. Und dann? Ruhigere Stücke und vorallem vollkommen belanglos dahinplätschernde Songs. Der Weg, back to Roots zu gehen, so wie es Mikael aussagte, war eindeutig der Richtige. Aber was daraus gemacht wurde, halte ich bis Jetzt für wenig innovativ, viel zu einfallslos, viel zu vorhersehbar, kaum komplexe Strukturen und viel zu wenig Seele. Natürlich, etwas gefrickel ist dabei, es kommen auch gute Ansätze zu Tage, aber…

    6/10
  3. akula sagt:

    …aaargh die blöde Zeichenbegrenzung… am Ende des CD-Durchlaufs habe ich ein zutiefst ungutes und enttäuschtes Gefühl mit der Frage, war es das jetzt schon?! Was ist von all den wundervollen Songs der bisherigen Discographie übrig geblieben? Die Anschlüsse sind da, aber entweder kommen sie schlichtweg nicht an das Original von damals heran und wollten es auch nie oder es klingt einfach so, als wäre einem Mikael und der Band nichts Besseres eingefallen. Die Platte hat Potential und ich will nicht verneinen, dass sie noch besser werden könnte, ja vielleicht liebe ich sie doch irgendwann mal. Aber zurzeit bin ich einfach nur enttäuscht. Vor mehreren Jahren wäre diese Scheibe zudem noch weit besser weg gekommen, aber ich sehe zur Zeit in diesem Album einen Rückschritt. Vorallem instrumental- und songstrukturtechnisch. Ansonsten bin ich auf die Tour zum Ende des Jahres gespannt. Zumindest sind bei mir nun die Erwartungen deutlich heruntergeschraubt. Schade Opeth, schade Mikael.

  4. Anonymous sagt:

    Sowas können andere besser. Wenn ich Wilson will, solo, Blackfield oder Porcupine Tree, dann leg ich den auf. Wo sind die Arrangements von einst? Kein Grollen und keine schweren Licks=wenig Punkte.

    5/10
  5. Heiko sagt:

    Das Weglassen der Grwols sehe ich eher positiv, mir gehts aber wie immer mit der Band: Die Songstrukturen finde ich zu zerfahren und ich verstehe die Songs nicht, weiß nicht, was mir Akerfeldt damit sagen will. Auch nicht nach hundert Durchläufen. Schade. Trotz neuer Ausrichtung bleibt das auch für mich sehr schwer zugänglich.

    6/10
  6. Hans-Hubert sagt:

    Ich finde das Album fantastisch. Meiner Meinung nach ist das Teil die beste Scheibe seit „Blackwater Park“. Die Abkehr vom Metal ist das Beste, was Opeth haben machen können. Es klingt organisch und viel „echter“ retro als die Ergüsse manch anderer Kapelle. Die Growls und das ganze Metalgekröse, das zuletzt die OPETHsche Musik noch „unterstützt“ hat, empfand ich irgendwie viel zu sehr als Pflicht, als „muss halt mit rein“. Die losen Arrangements nehme ich auch eher positiv auf, die Band lässt sich einfach treiben und sich von den Gegebenheiten lenken, anstatt auf Teufelkommraus einen kompakten Song zu stricken. Manche ärgern sich doch nur, weil die Band nur noch wenig Metal spielt, so nach dem Motto: „Öy, voll der Kack, da sind ja gar keine heftigen Sounds bei!“. Ja und? Gut so. So wie „Heritage“ klingt, klingt das Album richtig. Genremerkmale als Qualitätsmaßstab? Ich glaub, es geht los?!

    9/10
  7. akula sagt:

    @The Law

    „Es klingt organisch und viel „echter“ retro“

    Da gebe ich Dir ja recht, aber was die Band zusammenspielt ist für mich bisher nur Mittelmaß. Vieles, das man bei anderen Bands weitaus besser hinbekommen. Sogar die VII von Shining weißt hier mehr Innovation auf, gerade in den ruhigen und Retro Passagen. Vorhin gleich nocheinmal verglichen. Und ja, auch Riverside sind in diesem Punkt leider Opeth schon etwas länger vorraus. Die Stücke sind allesamt keine Meisterwerke mehr, so wie es beim genannten Blackwater Park noch eindeutig der Fall war. Ich brauche auch keine Growls, mächtige Riffs und Härte. Nach was ich dürste ist die Innovation, die Opeth und Mikael immer auszeichnete. Dies kann ich auf Heritage bisher nicht so sehr erkennen. Sie scheitern an ihrem eigenen Niveau. Es plätschert eben nur und Emotionen rühren sich bei mir nur auf der negativen Seite. Das ist das erste Opeth Album das mir solch ein mieses Gefühl gab. Vielleicht wirds aber ja noch was?!

  8. Ray sagt:

    Opeth können kein schlechtes Album veröffentlichen, dennoch ist die Reduzierung auf 60-70er Jahre Prog und Alternativgeschraddel nicht der Weißheit letzter Schluss. Denn das können andere Bands besser…Den Kontrast hart / fragil den man auf watershed so wundervoll
    zelebrierte, wünschste ich ich mir – weiterverarbeitet – auch auf diesem Album.
    Ich behaupte mal, dass heritage den test-of-time bei vielen Fans nicht bestehen wird und Akerfeldt sich besinnen wird und auf dem nächsten Album einen weiteren Schritt vor und hoffentlich mindestens drei zurückgehen wird…

  9. Flo sagt:

    Das kam in der Tat unerwartet. Dennoch sind die Opeth-Trademarks so stark vertreten, dass ein Hören als Opet-Fan definitiv Spaß macht (ganz abgesehen davon, dass es musikalisch eben immer noch erste Güte ist). Meine Review zum Album: http://klangkino.blogspot.com/2011/09/musik-review-zu-opeth-heritage.html

    8/10
  10. Christian sagt:

    kann „retro“ richtig klingen? wenn ich mir King Crimson anhören möchte, dann tu ich das und wenn ich Jazzsprengsel hören möchte, dann mach ich das eben auch. Das in den zur Veröffentlichung erschienen Interviews und Rezis heraufbeschworene „den Leuten wird das Metalelement fehlen / vielleicht verstehen sie diese Musik nicht“ ist ein mühseliger Schluß.
    Das Album ist ruhig, keine Growls, keine verzerrten Gitarren, leider ohne allzu brauchbares Songwriting. Man hantelt sich von an Improvisation angelehnten Strukturen zu mühseligen Refrains.
    Wenig sachlich: Das Album ist einfach ungemein langweilig.
    Greift zur neuen Steven Wilson wenn ihr die jazzige Seite mögt und das Songwriting, wenn ein bisschen schrägerer Progrock gefragt ist, dann Leprous.
    Fazit: Ich weiß warum ich diesen SiebzigerProgrock nicht ausstehen kann.

    6/10
  11. xXx-Oimel-xXx sagt:

    „Ghost Reveries“ war für mich lediglich ein gutes Album & ich würde es mit 8 Punkte bewerten, „Watershed“ entschädigte das ganze. Nachdem über „Heritage“ viel negatives geschrieben wurde, hatte ich meine Zweifel & kaufte es mir zur Komplettierung. Musikalisch kann ich mit „Heritage“ so gut wie nichts anfangen. Das ganze klingt mir zu halbgar. Die Songs wirken sehr zerfahren, zu viel Geplänkel & allgemein wirkt alles wie gekonnt und nicht gewollt.
    Statt Ätmosphäre gibt´s hier gähnende Langeweile…
    Definitiv kein Album für mich & ivh hoffe, dass es der einzigste Ausrutscher von OPETH war.

    3/10