Bang Your Head!!!
Der große Bericht - Bang Your Head!!! 2012

Konzertbericht

Billing: Orden Ogan, Wizard, Warbringer, Venom, Vanderbuyst, Thin Lizzy, Tankard, Sabaton, Primordial, Primal Fear, Powerwolf, Pain, Arch Enemy, Moonsorrow, Kamelot, Gotthard, Firewind, Exodus, Edguy, Diamond Head, Crashdiet, Axxis und Armored Saint
Konzert vom 2012-07-13 | Messegelände, Balingen

 

MOONSORROW

(21:00 – 22:10, Halle)

Als zweite Band des Indoor-Programms gehen die finnischen Pagan-Metaller MOONSORROW an den Start. Leider neigt sich ihr Gig schon stark dem Ende zu, als ich die Halle betrete, denn das bisschen, was ich noch zu Gesicht bekomme, weiß ausgesprochen gut zu gefallen. Von schunkeligen Folk-Metal-Klischees sind die Jungs meilenweit entfernt, majestätische Epik dominiert die Hymnen, deren getragene Melodien die atmosphärische Weite Skandinaviens treffend wiederspiegeln. Verdammt, warum habe ich nur so lange bei VENOM ausgehalten? Bis ich mich richtig auf MOONSORROW eingegroovt habe und die starken Songs richtig genießen kann, ist der Auftritt auch schon zu Ende und ich ärgere mich, nicht von Anfang an dabei gewesen zu sein.

Galerie mit 10 Bildern: Moonsorrow - Bang Your Head!!! 2012

 

THE DEVIL’S BLOOD

(23:00 – 00:30, Halle)

Obwohl ich für antikosmischen Unsinn und pseudo-philosophisches Gelaber voller nebulöser Möchtegern-Mystik wenig übrig habe, bin ich ehrlich gespannt auf die Show von THE DEVIL’S BLOOD. Aber halt, die Holländer meinen das ja alles ganz bitterlich ernst, so dass ich in Wirklichkeit keinem schnöden Konzertauftritt, sondern einem wahnsinnig okkulten Ritual beiwohne. Deshalb steht auch ein Altar mit Tierschädeln, Räucherkerzen und einer kitschigen Grim-Reaper-Figur im Zentrum des Bühnenbildes, um welches die Musiker herumstehen und fast bewegungslos ihre Instrumente beackern. Lediglich die extrem unterbeschäftigte Sängerin Farida darf sich gelegentlich einmal umdrehen, niederknien, den Altar anbeten und neues Räucherwerk entzünden.

Vermutlich bin ich der einzige, der sich dabei über die Banalität amüsiert, mit der sie inmitten ihrer kultischen Handlung zur am Boden stehenden Cola-Flasche greift, um kurz ihre Kehle zu befeuchten. Wie hier die Realität in den vermeintlich höchst okkulten Ritus eindringt, erscheint mir aber einfach zu absurd und deplatziert. Wie ernst es THE DEVIL’S BLOOD mit ihrem Okkultismus wirklich meinen, zeigt sich aber am besten in der Umbaupause nach dem Auftritt, als irgendein Roadie den auf dem „Altar“ ausgebreiteten Nippes ohne jegliche Ehrfurcht abräumt und wie das belanglose Deko-Element, um das es sich eben doch handelt, in einem ordinären Flightcase verstaut.

Doch irgendwas muss ja wenigstens an der Musik dieser Truppe dran sein, wenn man bedenkt, wie sehr einige namhafte Kollegen aus dem Print-Bereich sie in den Himmel loben. Was ich hier aber zu hören bekomme ist im besten Fall enttäuschend zu nennen. Die Gitarrenarbeit lässt gute Retrorock-Ansätze erkennen, der Sound ist angenehm warm und vereinzelt fühle ich mich an die psychedelische Frühphase von PINK FLOYD erinnert. An deren brilliantes Songwriting können THE DEVIL’S BLOOD aber zu keinem Zeitpunkt heranreichen, tatsächlich ist es erschreckend, wie unausgereift die Stücke arrangiert sind. Es entsteht mehr der Eindruck einer drogenschwangeren Jam-Session ohne jede erkennbare Struktur.

Da darf dann einer der drei Gitarristen eine geschlagene Viertelstunde lang immer wieder dieselbe Vierton-Kindermelodie als Endlosschleife spielen, während der Bassist dermaßen avantgardistisch sein Instrument beackert, dass man schon froh sein muss, dass nur ein Bruchteil des Gespielten überhaupt erkennbar aus den Boxen dringt. Darüber gniedeln denn die beiden anderen Gitarristen um die Wette und versuchen sich mit ihren Soli gegenseitig zu übertreffen. Was vermutlich durch ständige Steigerungen für dichte Atmosphäre sorgen soll, verkommt rasch zu repetitivem und extrem prätentiösen Langweiler-Gegniedel, wie es sich selbst drittklassige DREAM-THEATER-Kopisten niemals trauen würden. Vor allem aber führt das ganze Solieren nirgendwo hin, weil die Band offensichtlich nicht in der Lage ist, ihre Songs zu einem vernünftigen Finale zu führen, sondern sie stattdessen lieber in einer Art musikalischem Coitus interruptus recht unvermittelt abbricht.

Galerie mit 5 Bildern: The Devil's Blood - Bang Your Head!!! 2012

Während im Vorderen Hallenbereich einige Fans extrem viel Spaß an der Show zu haben scheinen, tummeln sich weiter hinten zahlreiche eher genervt wirkende Menschen, die offensichtlich nur noch auf die Show von ORDEN OGAN warten. Da wundert es wenig, dass ein alkoholisierter Zuschauer irgendwann durch die lichten Reihen nach vorne drängt und den Musikern seine beiden Stinkefinger entgegenreckt. Und eigentlich wäre dies die geeignete Stelle, um solches Verhalten zu verurteilen, zu mehr Fairness aufzurufen und zehn sinnvollere Reaktionen auf das Missfallen einer bei einem Festival spielenden Band aufzuzählen. Aber einen solchen Diskurs verhindert Ober-Okkultist Selim Lemouchi auf seine ganze eigene, extrem effektive Weise.

Kaum hat er den Pöbler im Publikum erblickt, legt er vorsichtig seine Gitarre auf den Boden und klettert von der Bühne herab in den Graben, wo er die unsachgemäß geäußerte Kritik mit drei gezielten Fausthieben zum Verstummen bringt. Während die Sanitäter den Verletzten ins Krankenhaus bringen, kehrt der Aggressor seelenruhig zurück auf die Bühne, nimmt sein Instrument und spielt weiter, als wäre nichts passiert. Die meisten Zuschauer bemerken nicht einmal, was da eben überhaupt passiert ist, so dass die Show ungestört weitergehen kann. Ganz ungeschoren kommt Lemouchi aber nicht davon, denn unmittelbar nach dem Auftritt wartet bereits die Polizei, um den Holländer vorübergehend in Gewahrsam zu nehmen.

Wirkte schon die musikalische Leistung von THE DEVIL’S BLOOD reichlich stümperhaft auch mich, so zeigt dieser idiotische Ausraster auch den Bandleader als völlig unprofessionelle Hohlbirne. Wer nicht in der Lage ist, souveräner mit einem einzelnen Störenfried in der Halle umzugehen, hat auf der Bühne nichts verloren. Ein solch unverhältnismäßiger und gezielter Gewaltausbruch ist mir in all den Jahren, die ich mich nun bereits als Teil der Metal-Szene betrachte, jedenfalls noch nicht untergekommen und ist in meinen Augen auch schlichtweg nicht tolerierbar. Diesen Standpunkt teilt offensichtlich auch der Veranstalter, der inzwischen durchblicken lassen hat, dass THE DEVIL’S BLOOD bis auf weiteres auf dem „Bang Your Head!!!“ nicht mehr willkommen sind. Dem Geschädigten wird diese Empörung herzlich wenig nützen, ihm sei an dieser Stelle aber von ganzem Herzen eine baldige und vollständige Genesung gewünscht!

 

ORDEN OGAN

(01:00 – 02:00, Halle)

Der Festival-Freitag soll aber nicht so unschön enden und Gottseidank steht auch noch eine weitere Band auf dem Billing. Warum man ORDEN OGAN auf einen so undankbaren Slot im Billing abgeschoben hat, kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Mit ihrem epischen Power-Metal-Sound werden die Sauerländer immer wieder als legitime Erben von BLIND GUARDIAN gehandelt, der Sprung aus dem Underground ins Szene-Mittelfeld will ihnen jedoch irgendwie nicht so recht gelingen. Dabei ist es durchaus beachtlich, wie viele Fans zu dieser späten Stunde noch ausharren, insbesondere da THE DEVIL’S BLOOD wohl nur von den wenigsten als geeignete Überbrückungs-Band angesehen wurden.

Mit offensichtlichem Spaß in den Backen entern ORDEN OGAN die Bühne und überzeugen mit einer intensiven Bühnenperformance und starkem Songmaterial gleichermaßen. Die Setlist entspricht zwar weitestgehend den „No Silence To The End“-Shows im Vorprogramm von VAN CANTO anfang des Jahres, angesichts von Krachern wie „To New Shores Of Sadness“, „The Lords Of The Flies“ oder der unwiderstehlichen „Monkey Island“-Gedächtnis-Hymne „We Are Pirates“ (mit Piraten ist eben alles besser…) ist das aber überhaupt nichts schlechtes. Zwischendurch raucht der Verstärker von Gitarrist Tobi ab, was zu einer unfreiwilligen Unterbrechung führt, die dem (mal wieder) neuen Mann hinter den Kesseln völlig unerwartet die Gelegenheit zu einem Drum-Solo eröffnet, die dieser auch spontan recht gut zu nutzen weiß.

Nach dem Gerätetausch bekommen die Fans zunächst mehrere etwas merkwürdig klingende Gitarrensounds zu hören, bis Tobi endlich wieder halbwegs brauchbare Einstellungen gefunden hat. Die gute Stimmung leidet darunter jedoch keineswegs, im Gegenteil, die Unwägbarkeiten sorgen für zusätzliche Spannung. Und nachdem Seeb dem Publikum die ORDEN-OGAN-eigene Standard-Beleidigungsfloskel erläutert hat, schallt ihm heute ein besonders lautes „Fuck You, Pussy!“ entgegen. Einfach schön, wenn eine Band auch anständig über sich selbst lachen kann.

Galerie mit 11 Bildern: Orden Ogan - Bang Your Head!!! 2012

Obwohl ihr drittes Studio-Album nach mehreren Verschiebungen immernoch auf sich warten lässt (aktuell ist ein Erscheinungstermin Ende Oktober angepeilt…), präsentieren ORDEN OGAN den Fans schonmal neues Material, wobei „This World Of Ice“ und „Cold, Dead & Gone“ auch bereits auf der „No Silence To The End“-Tour zum Einsatz kamen. Heute wirken sie aber etwas runder, offensichtlich hat die Band inzwischen mehr als genug Zeit zum Üben des neuen Materials gefunden. Auch der Drummer-Wechsel hat der Band nicht geschadet, denn das Zusammenspiel ist insgesamt angenehm tight. Verbesserungswürdig erscheint mir nur der exzessive Einsatz von aus der Konserve eingespielten Chöre und Keyboard-Spuren. Hier wäre es sinnvoll, entweder wieder einen richtigen Keyboarder mit ins Boot zu holen oder die Songs entsprechend umzuarrangieren.

Am Ende darf man sich wieder einmal über den Klassiker „Angels War“ vom in Eigenregie veröffentlichten Debütalbum „Testimonium A.D.“ (wann gibt’s da endlich einen anständigen Re-Release?) freuen. Hier fordert Seeb die Menge wieder zum exzessiven Mitfilmen per Handy-Kamera auf, damit die Band zukünftig einmal aus den Fan-Beiträgen einen Video-Clip zusammenschneiden kann. Und weil die Fans in der Halle offensichtlich riesigen Spaß an der geilen Show haben, dürfen ORDEN OGAN sogar noch eine Zugabe dranhängen, wenngleich ich persönlich „Easton Hope“ hierfür nicht unbedingt als das geeignetste Stück empfinde. Trotzdem ein schöner Abschluss für einen schönen ersten Festival-Tag, über dem leider der unschöne Schatten eines mehr als überflüssigen Musiker-Ausrasters liegt.

 

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27.07.2012

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