Iron Maiden
entfesseln das Biest in Frankfurt

Konzertbericht

Billing: Iron Maiden, Powerwolf und Airbourne
Konzert vom 26.07.2022 | Deutsche Bank Arena, Frankfurt

Wenn nicht gerade hier im Herzen von Europa die Eintracht vom Main ihr Stelldichein hat, dann bedeutet dichtes Gedränge am bzw. um den Deutsche Bank Park (im folgenden aus Pietätsgründen Waldstadion genannt) üblicherweise, dass eine größere Konzertveranstaltung ansteht. Und das ist an diesem Abend fürwahr der Fall, denn niemand geringeres als IRON MAIDEN gastiert in Frankfurt im Rahmen der Legacy Of The Beast Tour 2022, mit der sie zuvor u. a. auch schon Paris oder Bremen unterwegs war – natürlich auch mit dem noch aktuellen Album „Senjutsu“ im Gepäck. Mit im Schlepptau haben sie die australischen Wusel-Rocker AIRBOURNE sowie POWERWOLF, die nach eigener Aussage ihr erstes Konzert vor Frankfurter Stadionkulisse abhalten. Und mit den Gebrüdern O’Keeffe geht es auch gleich los.

AIRBOURNE rocken unbeirrt im Eröffnungsslot

Eine Alarmsirene, genauer: ein Fliegeralarm ertönt lautstark unter weiter eingespielten Geräuschen von Fliegern, die (vermutlich) tollkühn durch die Luft segeln. Dann schließlich taucht Joel O’Keeffe auch schon – bereits erleichtert um sein Oberteil (wenn er an dem Tag überhaupt schon eins angehabt haben sollte) – auf der Bühne auf und begrüßt das Publikum mit Fingerübungen nach bester AC/DC-Schule, ehe die Band versammelt auf der Bühne mit „Live It Up“ in ihr Set einsteigt. So ein früher Slot im Vorprogramm von IRON MAIDEN, gerade unter der Woche, ist schon etwas undankbar, zumal sich ein Großteil der bereits anwesenden Fans eher draußen herumtreibt und sich an den Merch-Ständen um ein Plätzchen an der Sonne kloppt oder sich wahlweise auch schon amtlich einen reinstellt (was später durchaus beim ein oder anderen zum Verlust der Hose führen sollte).

Aber AIRBOURNE bleiben professionell und Joel O’Keeffe hat ja eh Hummeln im Hintern, inklusive seiner O’Keeffe-Standards wie Stagediving oder die Bierdose, die an der Stirn zerdrückt wird. Insofern flitzt er auch bei maximal halb gefülltem Waldstadion agil über die Bühne, macht den großen Otto und bringt das erste Konzert dieses Abends mit seinen Recken erfolgreich über die Zielgerade. Der Rausschmeißer ist natürlich „Runnin‘ Wild“, bei dessen Ende der Fronter sich noch einmal beim Hauptact des heutigen Abends für die Mitnahme seiner Band bedankt, ehe die Australier die letzten Momente auf der Bühne noch einmal richtig auskosten und sich regelrecht von der Bühne feiern lassen.

Eine Sache, die allerdings für den Rest des Abends ebenfalls gilt, fällt bereits hier unangenehm auf: Der Sound ist absolute Grütze und ohne Ohrstöpsel praktisch nicht zu genießen. Das liegt, aus der Perspektive der Haupttribüne betrachtet wohlgemerkt, tatsächlich gar nicht mal an der Produktion selbst (soweit unsereins das beurteilen kann), sondern einfach an der Akustik des Waldstadions, aufgrund derer ein beharrliches Rauschen sämtliche musikalische Beiträge des Abends begleitet und die Musik „verwäscht“.

Galerie mit 26 Bildern: Airbourne - Legacy Of The Beast Tour 2022

„Trockenübung“ mit POWERWOLF

Jaja, während IRON MAIDEN ihre Kulisse mehr oder weniger schon fertig präpariert und abgedeckt auf der Bühne stehen haben, müssen sich die Vorbands natürlich irgendwie mit dem eingeschränkten Platz auf der Bühne arrangieren. Für AIRBORNE ist das kein Thema gewesen, da die Australier es ja ohnehin simpel und effizient gehalten haben. Aber diese Umstände zwingen die nun folgenden POWERWOLF in die möglicherweise etwas ungewohnte Lage, ein Konzert zu spielen, pardon: eine Messe zu feiern, ohne dabei die halbe Bühne abzufackeln, was wiederum aus Zuschauersicht ein dieser Tage etwas surreales Erlebnis sein dürfte. Immerhin dürfen die Wölfe ein paar gotische Torbögen mitbringen und zu diesem Zeitpunkt hat sich das Stadion auch schon merklich gefüllt, auch wenn die Zuschauerzahl natürlich erst beim folgenden Hauptact ihren allerdings doch nicht ausverkauften Zenit erreichen sollte.

Aber zurück zu POWERWOLF: Wenn Atilla Dorn und Co. schon nicht zündeln dürfen, so haben sie doch weiterhin ihr überbordendes Charisma dabei, um die Menge anzusprechen. Zwar ist diese immer noch nicht vollzählig vor der Bühne eingetroffen, aber zumindest ist die Stimmung bei den Saarbrückern schon spürbar besser als noch zuvor bei den Australiern, zumal Dorn mit Engelszungen auf das Publikum einredet und dieses auf verschiende Weisen animiert. Neben neueren Tracks wie „Dancing With The Dead“ finden sich auch Stammgäste auf der Setliste der Herren wieder, also Songs wie der neue Dosenöffner „Fire And Forgive“, „Armata Strigoi“, „Sanctified With Dynamite“ sowie „We Drink Your Blood“, wechles als Rausschmeißer fungiert. Dass dem Publikum dabei nicht alle Nase lang eine Flammensäule um die Ohren zischt, hat schon fast was anachronistisches an sich. Aber so erlebt man POWERWOLF dieser Tage weißgott nicht mehr so oft.

Galerie mit 28 Bildern: Powerwolf - Legacy Of The Beast Tour 2022

IRON MAIDEN starten mit dem eröffnenden „Senjutsu“-Trio …

Es dauert nach dem Auftritt der Saarbrücker einige Zeit, bis dann das Hauptevent losgeht. Schließlich ist es aber soweit, als die Crew endlich die Kulisse enthüllt und ein an eine japanische Tempelanlage gemahnendes Bühnenbild zum Vorschein kommen lässt, während Pagoden im Hintergrund emporgezogen werden. Ganz klar: Es wird mit Songs vom aktuellen Album „Senjutsu“ losgehen. Zunächst ertönt aber traditionell zum Einstieg der UFO-Klassiker „Doctor Doctor“, der bereits vom Publikum mitskandiert wird. Dann ist es soweit: Zunächst bemannt Nicko McBrain das Schlagzeug und trommelt die eröffnenden Schläge des „Senjutsu“-Titeltracks ins mittlerweile nun schon fast das gesamte Spielfeld ausfüllende Publikum hinein, ehe die Band nach und nach recht casual gekleidet die Bühne betritt und loslegt. Bruce Dickinson hopst wie ein Flummi über die Bühne, Steve Harris hält es auch kaum länger als nötig auf einem Fleck auf der Bühne aus, während Eddie im Samurai-Aufzug auch gleich mal vorbeischaut.

Dann folgen die auf der Albumtrackliste ebenfalls in gleicher Reihenfolge ablaufenden Tracks „Stratego“ und „The Writing On The Wall“, die von der Band live humorlos und locker heruntergezockt werden, hin zum Punkt wo sich unsereins gefragt hat, ob das auf Platte tatsächlich genauso dynamisch geklungen hat. Aber nein, die Album-Version klingt richtig klapprig und hager im Gegensatz zu der Energie, welche die eisernen Jungfrauen zu dem neuen Material auf die Bühne bringen. So, genau so hätte das Album klingen sollen. Oder zumindest zeigt sich so, dass die Herren es trotz ihres Alters immer noch drauf haben. Als „The Writing On The Wall“ schließlich ausklingt, folgt eine Intermission, in der die Roadis die japanische Tempelanlage abmontieren und das eigentliche Set für den Hauptteil des Sets zum Vorschein kommen lassen.

… und spielen sich dann durch ein unterhaltsames Klassiker-Set durch

Und dann geht es unter sich ständig wandelndem Bühnenbild Schlag auf Schlag. Von jetzt an packen IRON MAIDEN einen Klassiker nach dem nächsten unter begeisterter Publikumsbeteiligung aus, angefangen bei „Revelations“. Unterdessen beschwört Dickinson in stetig wechselnder Garderobe wiederholt die Aktivität des Publikums mit seinem „Scream for me, Frankfurt!“-Schlachtruf herauf, weist die Menge durch einschlägige Gestik zum Jubeln an oder geht voll in seiner jeweils besungenen Rolle auf wie etwa bei „Hallowed Be Thy Name“ oder „Flight Of Icarus“, bei dem er sich als menschlicher Flammenwerfer verdingt und seine spitzbübische Freude daran kaum verstecken kann. Ach ja, so richtig in Flammen steht die Kulisse tatsächlich erst mit dem sechsten Song des Sets, „Sign Of The Cross“, dafür dann aber richtig inklusive Flammensäulen und Pyrotechnik, beides geschmackssicher und stimmungsvoll eingesetzt.

Janick Gers unterhält visuell auch gern mit einigen Kaspereien, bei der er sein Instrument wild über die Bühne schwingt oder dramatisch, geradezu sarkastisch überzogene Plektrumschläge vollführt, während weder Dickinson noch Harris irgendein Anzeichen von Müdigkeit zeigen und weiterhin agil über die Bretter flitzen. Und natürlich macht der große Eddie dem Publikum bei „Iron Maiden“ in Form eines Höllendämons seine traditionelle Aufwartung. Nach diesem „Finale“ geht es aber noch weiter, zunächst mit „The Trooper“, bei dem Eddie noch einmal auf die Bühne kommt und sich einen kleinen Schwertkampf mit Dickinson leistet. Auch „Clansman“ kommt gut beim Publikum an, ehe „Run To The Hills“ den Kessel dann zum Kochen bringt. Den Abschluss macht „Aces High“, das standesrechtlich mit „Churchill’s Speech“ eingeleitet wird und währenddessen die riesige Attrappe eines Fliegers, vermutlich eine Supermarine Spitfire, elegant über die Bühne segelt.

Galerie mit 33 Bildern: Iron Maiden - Legacy Of The Beast Tour 2022

Ein gelungener Abend mit Schönheitsfehler

Während des gesamten Sets ist die Publikumsbeteiligung durchaus beachtlich, wenn man den nach wie vor bescheidenen Sound bedenkt. Bei „Blood Brothers“, dem Dickinson eine durchaus erbauliche Ansprache voranstellt, singt das Publikum natürlich kräftig mit. Und so richtig ab geht es eh bei den Klassikern, vor allem natürlich „Fear Of The Dark“ inklusive Bengalos im Publikum (man merkt, dass man im Waldstadion ist), „Number Of The Beast“ oder eben „Run To The Hills“. Bei einem Set, bei dem auch Tracks aus den Alben „The X Factor“ und „Virtual XI“ berücksichtigt worden sind, müssen natürlich Abstriche gemacht werden, immerhin haben die Briten zwei Stunden gespielt (wobei gefühlt eine halbe davon mit dem konstanten Bühnenumbau verbracht worden ist). Man kann enttäuscht sein, dass ein „2 Minutes To Midnight“ beispielsweise nicht dabei gewesen ist, aber dennoch bescheren IRON MAIDEN und Konsorten dem Frankfurter Publikum ein gelungenes Rundum-Sorglos-Paket im Waldstadion. Mit kleinem Schönheitsfehler zwar, aber dennoch sehr ausgewogen und unterhaltsam.

Setliste IRON MAIDEN

Senjutsu
Stratego
The Writing On The Wall
Revelations
Blood Brothers
Sign Of The Cross
Flight Of The Icarus
Fear Of The Dark
Hallowed Be Thy Name
Number Of The Beast
Iron Maiden
The Trooper
Clansman
Run To The Hills
Aces High

Fotos: Thomas von Schaewen
Text: Michael Klaas

30.07.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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