Rockharz Open Air 2023
Der große Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Blind Guardian, In Flames, Arch Enemy, Amon Amarth, A Life Divided, All For Metal, Airbourne, Angus McSix, As I Lay Dying, Burning Witches, Die Apokalyptischen Reiter, Battle Beast, Bloodbound, Carcass, Children Of Grotesque, Delta Bats, Destruction, Einherjer, Equilibrium, Exhorder, Feuerschwanz, Fiddler's Green, Firkin, Hämatom, How We End, Infinitas, Kneipenterroristen, Knorkator, Korpiklaani, Kris Barras Band, Lacuna Coil, Legion Of The Damned, Letzte Instanz, Life Of Agony, Lord Of The Lost, Mono Inc., Moonspell, Mr. Hurley & Die Pulveraffen, Null Positiv, Ohrenfeindt, Onslaught, Paradise Lost, Phil Campbell and the Bastard Sons, Rauhbein, Saltatio Mortis, Septicflesh, Skáld, Sonata Arctica, Soulbound, Tanzwut, The Dark Side Of The Moon, The Legion:Ghost, Tribulation, Unzucht, Versengold, Voodoo Kiss, Wind Rose und Wolfheart
Konzert vom 05.07.2023 | Ballenstedt, Flugplatz

Donnerstag, 06.07.2023

Fotos der Autogrammstunden am Donnerstag

Galerie mit 55 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Donnerstag 14:20 bis 17:00 Uhr Galerie mit 66 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Donnerstag 17:00 bis 19:30 Uhr Galerie mit 65 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Donnerstag 20:20 bis 22:10 Uhr

INFINITAS mobilisieren Gaming-Freunde

(Dark Stage, 11:50–12:20)

Nanu, eine junge Frau mit blauen Haaren growlt auf der Bühne? „Sind ARCH ENEMY etwa aus dem Bett gefallen und haben sich noch dazu im Tag geirrt?“, mag man beim ersten Anblick von INFINITAS unken. Tatsächlich dürfte aber spätestens die Geige auf der Bühne für Grübelei sorgen, erinnert der Sound der Schweizer:innen doch vor allem an deren Landsleute ELUVEITIE. Dieser Stilmix zieht in jedem Fall schon früh einige Leute vor die Dark Stage und im Laufe des Sets werden es sogar noch deutlich mehr.

Man merkt es den sympathischen Eidgenossen an, dass die Bühne des Rockharz wohl die größte ist, die INFINITAS bislang bespielt haben. Das Publikum macht es ihnen aber leicht und klatscht eifrig mit. Auch Gaming-Freunde befinden sich offenbar reichlich in Ballenstedt, denn der vom Spiel „God Of War“ inspirierte Song „Kratos“ funktioniert mit seinen Mitsing-Spielchen bei der martialischen Textzeile „Drunk – Drunk – Drunk On My Rage“ hervorragend. Auch wenn der Bass vom Band kommt, INFINITAS haben in jedem Fall ihre Live-Qualitäten unter Beweis gestellt.

Galerie mit 24 Bildern: Infinitas - Rockharz Open Air 2023

DELTA BATS kämpfen für den Rock’n’Roll

(Rock Stage, 12:25–13:00)

DELTA BATS sind eine ideale Band für den frühen Festivaltag, so undankbar und meist mittelgut besucht dieser Slot auch sein mag. Gradliniger Kick-Ass-Rock’n’Roll mit viel MOTÖRHEAD drin, etwas RAMONES dazu – bei den DELTA BATS treffen Metal und Punk auf gehörig Selbstironie. Auf das Intro wird verzichtet:„Das sieht bescheuert aus. Ist von SANTANA, das ist eh ein Scheißlied“, sagt Frontmann Don Canone, der offensichtlich ordentlich zu Späßen aufgelegt ist.

Ansonsten fabuliert er über einen James-Brown-HATEBREED-Song, die 1980er-Ikone Samantha Fox, die eigene Herkunft aus Las Vegas und über Señoritas, die doch bitte ausflippen mögen. Das erste und einzige Album der Band erklärt er dann noch kurzerhand zum Best-Of. Das Ganze ist eingängig und unkompliziert – ein bisschen Rockabilly, ein bisschen Rotzrock.

Die DELTA BATS kommen jedenfalls sehr sympathisch rüber und ihr bunter Stilmix ist bestens geeignet, um den lästigen Kater aus dem Frack zu schütteln oder das erste Konterbier zu nehmen. Kann man schon so machen on a sunny Thursday afternoon.

Galerie mit 10 Bildern: Delta Bats - Rockharz Open Air 2023

HOW WE END mixen auch ganz wild

(Dark Stage, 13:05-13:45)

HOW WE END ziehen allein aufgrund ihrer Besetzung einiges an Publikum. Die internationale Band besteht unter anderem aus Gitarristin Jen Majura (Ex-EVANESCENCE), Gitarrist Tom Naumann (PRIMAL FEAR), Sängerin Diva Satanica (Ex-NERVOSA) sowie Sänger Jake E (CYHRA, Ex-AMARANTHE) und zeigt einen teils spannenden, teils schwerverdaulichen Stilmix.

Dabei liegt der Fokus klar auf Ohrwürmern mit harten Gitarren. „My Fighting Heart“ geht beispielsweise gut ins Ohr, doch auch sonst findet sich im Crossover-Mix viel Gefälliges. Auf Pop-Charme muss man allerdings ebenso stehen, wie auf einen modernen Sound. Während es einerseits Applaus gibt, drehen andererseits einige Besucher enttäuscht ab. Sowas kommt vor und hat wenig mit der Leistung der Band tun … Mal abwarten, wohin die Reise führt.

Galerie mit 24 Bildern: How We End - Rockharz Open Air 2023

Die KRIS BARRAS BAND holt den Classic Rock in den Harz

(Rock Stage, 13:50–14:25)

Wer ist eigentlich die KRIS BARRAS BAND? Aus dem Süden Englands kommen Kris Barras und seine Mitstreiter und haben auf dem Rockharz 2023 augenscheinlich nicht die große Anziehungskraft. Die Menschen, die den Auftritt des Quartetts verpassen, haben allerdings die Möglichkeit vertan, eine exzellente Rock-Band zu sehen. Die KRIS BARRAS BAND spielt primär Classic Rock, welcher in Richtung Southern, Blues oder auch Alternative driftet. Dreh- und Angelpunkt ist Barras mit Gesang und Gitarre. Die Abstimmung innerhalb des Quartetts überzeugt vom ersten Ton an und auch der Sound kann sich hören lassen

Die Songs der englischen Band holen das fachkundige Publikum, das in den ersten Reihen mitrockt, ab. Da die Refrains ins Ohr gehen, gibt es mehrfach Mitsing-Interaktionen zwischen Band und Publikum. Der Abschlusstrack „My Parade“ ragt heraus, das Quartett und das Publikum singen den Refrain nicht nur einmal. Wer mit Hard Rock oder Classic Rock etwas anfangen kann, der sollte den bisherigen Output der KRIS BARRAS BAND antesten.

Galerie mit 22 Bildern: Kris Barras – Rockharz Open Air 2023

THE DARK SIDE OF THE MOON bringen das Kino auf die Bühne

(Dark Stage, 14:30–15:10)

Von Newcomern zu sprechen, wäre bei THE DARK SIDE OF THE MOON falsch. Denn mit Melissa Bonny (u.a. AD INFINITUM) und Hans Platz (FEUERSCHWANZ) sind die beiden Bandgründer definitiv keine Unbekannten. Wenn sich dazu noch weitere FEUERSCHWANZ-, AMARANTHE- und AD INFINITUM-Mitglieder gesellen, ist klar, dass hier Profis am Werk sind, die zeitgleich als Freunde auch noch Bock auf ein weiteres Projekt hatten.

Dadurch, dass die Band nebst Eigenkompositionen hauptsächlich auf Coversongs aus dem Videospiel-, Film- und Serien-Universum setzt, sind die meisten Klänge, die am frühen Nachmittag über das Infield wabern, bekannt. „Harry Potter“-Fans kommen mit „Double Trouble / Lumos! (Hedwig’s Theme)“ auf ihre Kosten, „Vikings“-Fans können sich über das Serien-Opening „If I Had A Heart“ freuen und Gamer erkennen Songs wie „The Wolven Storm (Priscilla’s Song)“ aus „The Witcher III“ oder „Legends Never Die“ aus „League Of Legends“ wieder. Die Eigenkompositionen „Gates Of Time“ und „New Horizons“ fügen sich wunderbar mit ein.

Böse Zungen könnten THE DARK SIDE OF THE MOON kalkulierten Erfolg vorwerfen, doch in der Vergangenheit gab es schon genug lieblos dahingerotzte Covers. Umso schöner ist es, dass Bonny, Platz und Co. mit viel Liebe zum Original und gelebtem Fandom agieren. Fans der genannten Universen und der beteiligten Musiker und Musikerinnen kommen an dem heutigen Gig nicht vorbei, dementsprechend voll ist es vor der Bühne. Geben wir dem Ganzen noch zwei, drei Jahre, dann finden wir die Band auf einem Slot am frühen Abend wieder.

Galerie mit 29 Bildern: The Dark Side Of The Moon - Rockharz Open Air 2023

UNZUCHT dürfen den ausgefallenen Gig von 2022 nachholen

(Rock Stage, 15:15-16:00)

Direkt, nachdem Sänger Daniel Schulz öffentlich machte, dass er bei OOMPH! die Nachfolge von Dero Goi antreten würde, beteuerte er gleichzeitig, dass dies keinen Einfluss auf die Aktivitäten mit UNZUCHT habe. Das ist auch gut so und war offensichtlich keine leere Phrase, denn die Band holt dieses Jahr den coronabedingt ausgefallenen Gig von 2022 nach.

Die Band spielt sich munter durch ihre Diskografie, egal ob „Engel Der Vernichtung“, „Nein“ oder die „Todsünde 8“ – die anwesenden Fans geben sich beim düsteren Rock der Gruppe textsicher. Auch wenn die Sonne für dunkle Musik etwas zu hart scheint, kommt Stimmung auf und UNZUCHT waren noch nie die Band, die steif und ohne gelegentliches Lächeln auf der Bühne steht. Die flotten Ansagen von Schulz stehen ihm gut zu Gesicht.

Die Dreiviertelstunde vergeht wie im Flug und als die letzten Töne verklingen, sind wohl alle Zweifel ausgeräumt, dass UNZUCHT zukünftig hinter den NDH-Pionieren OOMPH! die zweite Geige spielen müssen. Die Band verabschiedet sich mit vielen Komplimenten von den anwesenden Gästen.

Galerie mit 19 Bildern: Unzucht - Rockharz Open Air 2023

Gepflegte Düsternis mit TRIBULATION

(Dark Stage, 16:05–16:50)

Die Sonne kommt ein weiteres Mal hervor und TRIBULATION müssen auf der Dark Stage wirklich große Geschütze auffahren, um gepflegte Düsternis zu verbreiten. Wobei, ganz so groß sind die Geschütze dann doch nicht: Räucherstäbchen brennen, ein paar Nebelschwaden wabern über die Bühnenbretter und Orgelklänge leiten die kommende Dreiviertelstunde Dunkelheit ein.

Die vier „Children Of The Night“ machen das Beste aus der Situation: Ganz in schwarz gekleidet und bleich geschminkt betreten die Schweden nacheinander die Szenerie und ohne Ansage setzen die Instrumente ein. Es beginnt mit „Melancholia“ und der Erkenntnis, dass der intonierte Gothic Metal nicht nur atmosphärisch und effektgeschwängert ist, sondern auch verdammt melodiös. Die beiden Gitarristen trippeln dabei wahlweise über die Bühne (Adam Zaars) oder setzen zur ganz großen Rockstar-Pose an (Joseph Tholl).

Das Ganze ist nicht nur bei Songs wie „Nightbound“ mitreißend: Die Fans nutzen jede Gelegenheit, mitzuwippen, die „Devil’s Horns“ in die Höhe zu recken und die Dunkelschweden anzufeuern. Das entlockt dem ansonsten grimmig dreinschauenden und wortkargen Sänger und Bassisten Johannes Andersson auch ein „Vielen Dank!“. Dank zurück für diese gelungene Abwechslung.

Galerie mit 13 Bildern: Tribulation – Rockharz Open Air 2023

FIDDLER’S GREEN starten die Party

(Rock Stage, 16:55–17:45)

Ja, es fällt durchaus auf: Das Jubiläums-Billing des Rockharz setzt verstärkt auf Party. Warum auch nicht, wenn es am späten Nachmittag vor der Rock Stage schon fast so aussieht, als würde gleich ein Headliner aufspielen? Ja, das V(F)olk hat Bock zu feiern und FIDDLER’S GREEN liefern die Vollbedienung. Ist das, was die Irish-Folk-Rocker da spielen, Metal? Sicher nicht, aber wer es auf einem Metal-Festival schafft, von Beginn an einen derart großen Circle Pit zu erzeugen, ist hier auf keinen Fall fehl am Platz.

„Sensationell. Rockharz am Nachmittag! Dankeschön!“ Knapp wie passend fasst Sänger Ralf „Albi“ Albers das Geschehen zusammen, bevor die Band noch einmal einen Gang hochschaltet. Fiedeln beim Crowdsurfing im Greenpeace-Gummiboot? Für Geiger Tobi kein Problem. Selbst einige Gäste in Death- und Black-Metal-Kutten lassen sich zum Tanz verleiten – die Frage, ob man sich wiedersieht, ist am Ende nur Makulatur. Böse Zungen sprechen bei FIDDLER’S GREEN gern von DROPKICK MURPHYS oder FLOGGING MOLLY für Arme – die Erlanger beweisen heute definitiv das Gegenteil.

Galerie mit 28 Bildern: Fiddler's Green - Rockharz Open Air 2023

MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN beziehen Position

(Dark Stage, 17:50–18:40)

Gab es auf einem der vergangenen 30 Rockharz-Festivals eine Band, die am Nachmittag das gesamte Infield füllt? Für das Quartett aus dem karibischen Osnabrück ist es wohl selbst eine Überraschung, wie viele Leute die 50-minütige Show der Piratenband verfolgen möchten. Die Musik lädt das Rockharz 2023 zum Feiern ein und die Menschen haben ihre Freude.

Vor allem die Nummern, bei denen es um den Genuss von alkoholischen Getränken geht, bringen das Festival richtig in Bewegung. Die Crowdsurfer sind von der ersten Note an unterwegs, wobei ein Duo, eine Dame stehend auf einem anderen Menschen, herausragt. Sänger Simon Erichsen thematisiert diesen Anblick und stellt fest, dass so eine Aktion erstmalig auf einem Gig von MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN zu sehen ist.

Einen neuen Song präsentieren die PULVERAFFEN ebenfalls. „Leuchtturm“ übertreibt das Sauf-Thema etwas, denn, dass Erichsen die Lampen anhat und selbst ein „Leuchtturm“ ist, steht außer Zweifel. Nicht zu bezweifeln, sondern zu unterstützen, ist die klare Positionierung der Band. MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN beziehen klar Stellung gegen Nazis und setzen ein wichtiges Statement in lausigen Zeiten. Mit „Blau Wie Das Meer“ endet die 50-minütige Party mit den Piraten und die zukünftige Entwicklung des Quartetts scheint in Richtung Headliner, auch bei großen Festivals, zu gehen.

Galerie mit 12 Bildern: Mr. Hurley & Die Pulveraffen - Rockharz Open Air 2023

DIE APOKALYPTISCHEN REITER wetzen die Messer und wünschen uns trotzdem Frieden

(Rock Stage, 18:45–19:35)

Nur wenige Tage sind die gravierenden Neuigkeiten alt: Gitarrist Ady verlässt die DIE APOKALYPTISCHEN REITER und Schlagzeuger Sir G. zieht sich ebenfalls in absehbarer Zeit zurück. Eine Absage von Festivalshows oder eine Auflösung der Band kamen für den verbleibenden Frontmann Fuchs und Bassist Volk-Man trotzdem nicht in Frage.

Die Band aus Thüringen trägt die Energie des vorhergehenden Auftritts von MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN nahtlos weiter und macht richtig Stimmung. Egal, ob „Es Wird Schlimmer“ oder „Volle Kraft“: Die Hits der Band werden lauthals mitgesungen, auch die obligatorische T-Shirt-Kanone kommt zum Einsatz. Zu „Der Adler“ bittet Frontmann Fuchs darum, dass die Crowdsurfenden doch mal in die Luft geworfen werden, was so in Ansätzen funktioniert. Über ernsthafte Verletzungen bei Zuschauenden in der Folge hiervon ist nichts bekannt.

Als Sänger Fuchs bei „Revolution“ mit brennender Fackel im Stile der Freiheitsstatue auf einem Podest in die Höhe gefahren wird, ist es der Theatralik doch ein wenig zu viel – andererseits passt es auch irgendwie zum schrägen Auftreten der Band. Selbstredend und standesgemäß endet der Auftritt mit der bandeigenen Hymne „Reitermania“, die das Publikum noch einmal ordentlich abfeiert.

Galerie mit 20 Bildern: Die Apokalyptischen Reiter – Rockharz Open Air 2023

HÄMATOM sind ein bisschen „gaga“

(Dark Stage, 19:40–20:30)

In den letzten Jahren haben sich HÄMATOM immer mehr zu einer „Quasi-Headliner“- und Partyband gemausert. Insbesondere letzterer Aspekt wird bei Covern von diversen Rap-Künstlern sowie bierseligen Kooperationen mit SALTATIO MORTIS deutlich. Bei einem großen Familienfest wie dem Rockharz Open Air ist es nur verständlich, dass sich die Setlist auch auf solche Kracher konzentriert.

Demzufolge sind die dargebotenen Stücke schnelle, mitsingtaugliche Lieder überwiegend jüngeren Datums wie „Ihr Wisst Gar Nichts Über Mich“, „Gaga“ oder die mit den 257ERS geschriebene Rap-Eigenkomposition „Ficken Unsren Kopf“. Natürlich dürfen auch die obligatorischen Cover-Nummern „Kids (2 Finger An Den Kopf)“ von MARTERIA und „Bleib In Der Schule“ von TRAILERPARK nicht fehlen. Die Songs passen ähnlich gut in die Kehle der anwesenden Besucher und Besucherinnen wie die 13. Hopfenkaltschale des heutigen Festivaltages.

Mit „Wir Sind Gott“ und „Eva“ bedenken HÄMATOM ihre Fans älteren Materials. Nach einem letzten Bierfest in Form von „Es Regnet Bier“ zusammen mit Alea von SALTATIO MORTIS ist auch schon Schluss. Damit haben die “vier Himmelsrichtungen” natürlich viele Herzen auf ihrer Seite. Fans der Anfangstage werden aber Songs wie „Sturm“, „Säulen Des Wahnsinns“ oder das bis dato abschließende „Leck mich!“ vermisst haben.

Galerie mit 19 Bildern: Hämatom - Rockharz Open Air 2023

PARADISE LOST trotzen der Romantik

(Rock Stage, 20:35–21:35)

Technische Probleme verzögern zunächst den Start der Show, auch die ersten Songs sind klanglich noch etwas holprig: Das Schlagzeug ist deutlich zu laut, die restliche Instrumentierung zu leise. Da bleibt nur der beherzte Griff zum Gehörschutz, um den Anfang des Sets entspannt genießen zu können. Diese Schwierigkeiten scheinen zumindest die Band, die routiniert und zielstrebig loslegt, nicht sonderlich zu beeindrucken. Nach der Eröffnung mit „The Enemy“ gibt‘s von Frontmann Nick Holmes sogar ein „Dankeschön“ auf Deutsch – und auch der Sound wird in der Folge glücklicherweise stetig besser.

Old-School-PARADISE-LOST-Fans kommen allerdings auch heute erwartungsgemäß nur sehr eingeschränkt auf ihre Kosten: Zwar wird „As I Die“ geboten, in der Folge tummeln sich die Halifex-Gothic-Metal-Legenden mit „No Hope In Sight“, „Faith Divides Us, Death Unites Us“ und „The Last Time“ doch eher in ihrer neueren Diskographie. Ansonsten ist Frontmann Holmes an diesem Abend gut aufgelegt und in Plauderlaune. Er verweist auf den schönen Sonnenuntergang und stellt fest, dass man zwar viele Songs mit negativen Songtiteln im Repertoire habe, diese aber gar nicht so gut zu diesem romantischen Bild passten. Aber das ganz große Drama nimmt der gesetzten Band ohnehin niemand mehr ab.

Die Zeitreise quer durch dreißig Jahre Bandgeschichte beschließen der Klassiker „Embers Fire“ und schließlich „Ghosts“ vom aktuellen Album „Obsidian“. Einen Abgang mit gehauchtem Luftkuss von Nick Holmes gibt es noch obendrauf – ganz unprätentiös und bodenständig.

Galerie mit 15 Bildern: Paradise Lost - Rockharz Open Air 2023

FEUERSCHWANZ vergessen „Methämmer“

(Dark Stage, 21:40–22:40)

Mit wenigen Minuten Verzögerung enthüllen FEUERSCHWANZ die Bühne und zu den Klängen von „Memento Mori“ entern die Protagonisten, begleitet von Pyrotechnik, nach und nach die Bretter. Überhaupt setzen FEUERSCHWANZ vor allem auf Feuer. Es blinkt und knallt während der Show fast ununterbrochen. Es folgen „Untot Im Drachenboot“, „Bastard Von Asgard“ und „Ultima Nocte“, das für diverse kleinere und größere Moshpits sorgt.

Den großen Moshpit erzeugt Hauptmann Feuerschwanz mit „Schubsetanz“, welcher gemäß seines Textes „Rittersport“, zugleich aber auch Abendgymnastik für das Publikum ist. Die Fanfare lässt die Meute aufeinander los, es wird geschubst, geschoben und getanzt und – natürlich gefeiert.

Das neue Album „Fegefeuer“ sollte heute mit einer Release-Show vorgestellt werden, die Veröffentlichung verschiebt sich aber auf den 21. Juli. Neben dem bereits erwähnten „Bastard Von Asgard“ schaffen es „Berzerkermode“ und das „Knochenkarussell“ ins Set. Letztgenannter wird mit einer speziellen Feuershow in Szene gesetzt. FEUERSCHWANZ gedenken Dirk, einem langjährigen Mitarbeiter des Rockharz-Festivals, mit dem Titeltrack vom 2020er Album „Das Elfte Gebot”. Der Refrain steht hier im Mittelpunkt: „Das Elfte Gebot“ gebietet zu leben.

Die Cover-Songs „Dragostea Din Tei“ und „Warriors Of The World United“ mit Unterstützung von Alea (SALTATIO MORTIS) und Melissa Bonny (AD INFINITUM) holen die Partystimmung vor die Bühne zurück. „Rohirrim“ sorgt für ein ruderndes und reitendes Infield, bevor es „Hörner Hoch“ heißt. Anschließend verabschieden sich FEUERSCHWANZ nach circa 60 Minuten vom Rockharz 2023. Aber wo ist denn der „Methämmer“-Song geblieben? Zum „Metfest“ wird auch nicht gerufen. Klar, die Zeit ist begrenzt, aber die beiden Must-Play-Songs werden schmerzlich vermisst.

Galerie mit 17 Bildern: Feuerschwanz - Rockharz Open Air 2023

IN FLAMES wagen den Blick zurück

(Rock Stage, 22:45–00:00)

Was wurde im Vorfeld nicht alles über das neue IN FLAMES-Album geschrieben und gemutmaßt, ob die Göteborger endlich Back-To-The-Roots gehen würden. Einige beinharte Vorab-Singles ließen dies zumindest vermuten. Mittlerweile ist „Foregone“ erschienen und die Antwort lautet: Jein. Die Erwartungen an den heutigen Gig auf dem Rockharz sind hoch, konzentrierte man sich beim letzten und bislang einzigen Gastspiel in Ballenstedt 2018 doch vor allem auf aktuelleres Material.

Schon zu Beginn des Sets fällt auf: Anders Fridén hat heute Abend richtig Bock und auch der Sound kickt angenehm satt aus den Boxen. Der erste Song „The Great Deceiver“ ist eine jener Vorab-Singles, die ordentlich Ärsche tritt. Mit einer „Siren Charms“-Nummer verunsichern die Schweden ihre Fans kurz, bevor die Songs älter werden. Wie alt, hat kaum einer für möglich gehalten, denn als „Behind Space“ vom Debüt „Lunar Strain“ angesagt wird, geht ein Raunen durch die Menge. IN FLAMES haben heute Lust auf Geknüppel und die Menge sowieso.

Neben dem Haupt-Pit in der Mitte bilden sich überall kleine Inseln, auf denen ordentlich gerempelt wird. Bei Klassikern wie „Cloud Connected“ oder „Only For The Weak“ ist kollektives Springen angesagt. Der Fokus auf Alben wie „Come Clarity“ und „A Sense Of Purpose“ trifft voll den Nerv des Publikums. Auch wenn Fronter Fridén zwischendurch scherzt, dass man alle Drums auch auf Tape hätte: Die Schweden sind heute Abend richtig tight und liefern ab, wie man es von ihnen lange nicht gesehen hat. Am Ende bleibt, lange überfällig, die Auffrischung einer Erinnerung, warum IN FLAMES bis heute zu Recht zu den ganz Großen des Melodic Death zählen.

Galerie mit 24 Bildern: In Flames - Rockharz Open Air 2023

SKÁLD trommeln sich (und den Harz) in Ekstase

(Dark Stage, 00:05–01:00)

„Denn wenn et Trömmelche jeht“ – dann stehen SKÁLD auf der Bühne. Dabei handelt es sich um ein französisches Neofolk-Kollektiv, das die Spannung aus hypnotischen Rhythmen, hingebungsvollem Gesang und einer bewegungsintensiven Liveshow erzeugt. Die beiden Perkussionisten auf der linken Bühnenhälfte unterstreichen jedenfalls jeden Schlag auf ihre mit einem Kuhfell bespannten Stand-Toms mit Theatralik und Rotor-Headbanging. Sängerin Justine Galmiche in der Mitte schlägt dagegen eher vereinzelt auf ihre Schamanentrommel, die Dame rechts an der Laute wiederum geht irgendwann komplett aus sich heraus.

Das Quintett (im Hintergrund hält sich ein fünfter Musiker vornehm zurück) imitiert den Gesang der Skalden und beschwört in seinen Songs die altnordische Mythologie. Das klingt mysteriös und schamanisch. Bis auf ein „Ó Valhalla“ gibt es auch nur wenige Passagen, die man als Zuschauer mitsingen könnte. Dennoch ist vor der Bühne einiges los, überall wird verträumt mitgewippt, und mancher vollführt einen fast schon besessenen Tanz. Auch wenn die Rhythmen mehr ins Bein gehen als die Songs ins Ohr, ist das Ganze doch eine willkommene Abwechslung, bevor ONSLAUGHT kurz darauf noch einmal ein Thrash-Metal-Feuerwerk zünden.

Galerie mit 16 Bildern: Skald - Rockharz Open Air 2023

ONSLAUGHT spielen eine thrashende Nachtmusik

(Rock Stage, 01:05–01:45)

Im Infield ist es merklich leerer geworden, aber wie das immer so ist: Wer bis jetzt durchgehalten hat, möchte auch noch die restlichen Energien loswerden. So gesehen haben die britischen Old-School-Thrasher ONSLAUGHT die richtige Musik im Gepäck und damit leichtes Spiel. Ohne großen Firlefanz thrashen die vier Musiker um Sänger und Gitarrist Dave Garnett drauflos. Brecher vom Schlage „Let There Be Death“, „Metal Forces“ und „Onslaught (Power From Hell)“ gehen sofort in den Nacken.

Als der Fronter einen „Old-School-Metal-Pit“ initiiert, wird es vor der Bühne richtig wuselig – die Fans hören einfach nicht mehr auf, im Kreis zu rennen. Das sorgt für ein breites Grinsen bei allen Anwesenden, zustimmendes Kopfnicken und beim Rausschmeißer „Thermonuclear Devastation Of The Planet Earth“ (!) vielleicht sogar für ein diabolisches Lachen – allein wegen des Songtitels. Anschließend dürfte sich aber jeder ausgepowert und zufrieden in die Buntkarierten zurückgezogen haben. Gute Nachtruhe allerseits!

Galerie mit 17 Bildern: Onslaught - Rockharz Open Air 2023

Impressionen vom Donnerstag

Galerie mit 39 Bildern: Rockharz Open Air 2023 – Impressionen vom Donnerstag

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21.07.2023

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