Various Artists - Oriental Metal

Review

Natürlich ist die Frage erlaubt, die dieser Compilation zugrunde liegt: In Zeiten, in denen schwedischer Death Metal, norwegischer Black Metal und finnischer Folk/Humppa Metal in die Alltagskultur des Schwermetallers eingegangen ist, gibt es da nicht auch so etwas wie orientalischen Metal? Metal also, der sich arabischer, nordafrikanischer oder jüdischer Musiktraditionen bedient und daraus so etwas wie eigenen Stil formt? Naheliegend eigentlich, aber der durchschnittliche Metalhörer wird sich doch etwas schwer damit tun, ein solches Genre näher einzukreisen und Bands zu benennen – auch wenn sofort der Name ORPHANED LAND in den Sinn kommen dürfte, bei den älteren Semestern vielleicht auch PENTAGRAM aus der Türkei. Und natürlich sind die genannten Musiktraditionen durchaus unterschiedlich, weswegen die Proklamation eines solchen Genres als gewagtes Unternehmen erscheint.

Century Media gehen jetzt trotzdem diesen Schritt mit der Veröffentlichung des Samplers „Oriental Metal“, und diesbezüglich war es ein kluger Schachzug, die Konzeption und die Songauswahl in die Hand von Kobi Farhi zu legen, seines Zeichens Sänger und Frontmann der bereits genannten ORPHANED LAND (die – glückliche Fügung – derzeit bei Century Media unter Vertrag stehen). Denn Kobis Credo ist seit jeher die Verständigung zwischen den Volksgruppen, Nationen und Religionen.

Und Kobi Farhi hat neben Songs bekannter Bands einige Schätzchen in der Hinterhand, die hier erstmals einem größeren Publikum vorgestellt werden. Den Anfang macht aber Kobis eigene Band ORPHANED LAND mit dem Hit „Sapari“ von ihrem aktuellen Album „The Never Ending Way Of ORwarriOR“: Eingängig wie Hulle, und die orientalischen Einflüsse sind mit der Melodieführung und den Steeldrums benannt. Danach bieten AMASEFFER progressiven Melodic Metal, bei dem neben dem unkonventionellen Songaufbau der Gesang von Mats Levén hervorsticht. Eine Spur traditioneller geht es zunächst bei ARKAN zu, bis sich harsche Death-Metal-Klänge mit den orientalischen Sounds vermengen.

PENTAGRAMs „Lions In A Cage“ ist natürlich ein Metal-Klassiker, und auch MYRATH sind in unseren Breiten keine gänzlich Unbekannten mehr. Anders sieht es hingegen bei bei den Israelis ALMANA SHCHORA aus, die noch nie außerhalb ihres Heimatlandes gespielt haben: Sie bieten mit ihrem Stück „Elohim“ recht traditionellen Metal, der am ehesten bei den Melodien orientalische Einflüsse aufweist. NERVECELLs Instrumental „The Taste Of Betrayal“ fällt diesbezüglich schon ziemlich aus dem Rahmen, bevor KHALAS mit ihrem auf Arabisch gesungenen „Haz El Adala Mayel“ für reichlich Exotik im heimischen Wohnzimmer sorgen. Etwas überraschend ist es sicherlich, die amerikanischen Ägyptologen NILE auf diesem Sampler wiederzufinden, aber der hier präsentierte Track „Kaffir“ rechtfertigt dies durchaus. MELECHESH sorgen dann noch einmal für Hochgeschwindigkeits-Thrash, bei dem erst zum Ende hin die Einflüsse aus dem Maschrek hörbar werden („Grand Gathas Of Baal Sin“). Den runden Abschluss bilden die Ägypter SAND AURA mit einer atmosphärischen orientalischen Version des hebräischen Volkslieds „Hava Nagila“.

„Oriental Metal“ bietet somit einen gelungenen Einblick in eben diesen Oriental Metal – auch wenn die darauf enthaltenen Songs und Einflüsse mitunter sehr unterschiedlich sind. Das führt aber dazu, dass man die CD ohne Übersättigungsgefühl in einem Rutsch durchhören kann, was keine Selbstverständlichkeit ist. Einziger Kritikpunkt ist somit die etwas knapp bemessene Spielzeit von 52 Minuten. Dass Kobi Farhi keine weiteren Bands in der Hinterhand hat, kann ich mir kaum vorstellen. Wie dem auch sei: Im Booklet steht schon sein Aufruf, ihm neues Material zuzuschicken – insofern wird es bis zu einem weiteren Teil „Oriental Metal“ wohl nicht mehr lange dauern. Gut so.

02.04.2012

- Dreaming in Red -

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