Various Artists - Tribut An Ougenweide

Review

Obacht! Diese CD hat auf den ersten Blick gar nicht viel mit Metal zu tun. Also möchte ich erst einmal für das Auftauchen des Tributes an dieser Stelle in die Bresche springen.
Ein fester Bestandteil der Metalszene mit mittelalterlichem Hinter- oder Vordergrund sind Bands wie IN EXTREMO, SUBWAY TO SALLY, CORVUS CORAX / TANZWUT oder HAGGARD schon lange. Dahinter stehen, meiner eigenen Theorie nach, zwei wesentliche Entwicklungen: zum einen die des britischen und später in Deutschland importierten Folk-Rocks der 70er Jahre und zum anderen die des Erfolgs der Mittelaltermärkte seit den 80ern. Letztere führte zu einer Perfektionierung der Vermittlung mittelalterlicher Kultur und Lebensart, nicht zuletzt auch im Bereich des Instrumentenbaus und der Suche nach alten Melodien und Texten gepaart mit dem Drang, aus Altem etwas Neues zu kreieren. Der vorher geborene Folk-Rock indes führte das bereits genannte Alte auf eine gewisse populäre Ebene, die es leichter verdaulich und einem breiteren Publikum zugänglich machte.
Ohne diese Voraussetzungen würde heute kaum jemand in der Tunika zur Sackpfeiffe pogen! Und eine der altehrwürdigsten und einflussreichsten Bands des deutschen Folk-Rocks waren OUGENWEIDE, denen diese CD zu Recht vom Anfang bis zum Ende gewidmet ist. Und somit darf dieser Tribut, auch wenn er beinahe ohne verzerrte Gitarren und Schlagzeugarbeit auskommt, auch gerne hier bei Metal.de begutachtet und beurteilt werden.

Befolgt wird bei der Ehrerbietung ein klassisches Konzept: alte Stücke des zu huldigenden Interpreten werden in eigener Manier der jeweiligen Interpreten aufgehübscht und frisch eingespielt. Von daher gibt es einfach keine großen Überraschungen auf der Scheibe (Punkteabzug!). Wer OUGENWEIDE kennt, der kennt die Lieder. Aber zugegebenermaßen ist diese alte Leier ausgezeichnet gespielt und offenbart die schönsten Facetten der heutigen Folk- und Mittelalterszene. Zum einen mag dies natürlich an der erlesenen Melange der Künstler liegen. So geben sich beispielsweise DIE IRRLICHTER, HOLGER SCHÄFER und TRISKILIAN die Klinke mit IN EXTREMO und POETA MAGICA in die Hand – eine illustre Runde! Zum anderen aber wird hier sehr deutlich, dass alle beteiligten Ensembles ihren Tribut wirklich ernst meinen und nicht nur etwas sie eigentlich nicht betreffendes abfeiern, um Einzug ins Booklet zu halten. Besonders erfreut haben mich dabei ONI WYTARS mit einem wunderschönen, experimentellen „Nieman kan mit Gerten“, das mir vorher gänzlich unbekannte MUSIKTHEATER DINGO mit einem geschickt rhythmisierten „Gerhard Atze“ und IN EXTREMO mit einer Version der „Merseburger Zaubersprüche“, die ich in dieser Weise und mit dem Zusammenwirken mit den im informativen Booklet genannten Künstlern sogar für leicht besser als das EXTREMO-Original halte.

Empfehlen kann ich die CD allen, die über den Mittelalter-Metal-Tellerrand hinwegschauen möchten und natürlich allen Kennern und Geneigten von OUGENWEIDE. Für beide Gruppen dürfte der Sampler eine Bereicherung sein. Schade nur, dass der geschätzte OUGENWEIDE-Mitbegründer FRANK WULFF (ich darf ihn hier einmal dem Anlass entsprechend in Grobuchstaben einfügen) kurz vor Veröffentlichung verstarb. Er hätte sicherlich seine Freude an diesem Werk gehabt. Aber vielleicht hat er sie ja doch noch…
Eins sei aber noch gesagt: in einem Atemzug mit diesem Sampler wird noch ein Gemeinschaftsprojekt namhafter Künstler genannt. Nämlich MERSEBURGER ZAUBERSPRÜCHE – ‚Eine Huldigung an Ougenweide‘. Diese Mini-CD halte ich für wesentlich gelungener und möchte sie hier noch deutlich empfehlen!

29.12.2010

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